KIT – Atomforschung und das internationale Parkett

Teil 2: Willfährige Handlanger oder verantwortliche Akteure?

 

Die folgende Zeitleiste gibt einen (unvollständigen) Überblick über atomrelevante Ereignisse der letzten 10 Jahre. In der Zusammenstellung zeigt sich erst die Tragweite und Dimension der hochriskanten und bis heute nicht beherrschbaren Atom-Technologie, sowie einer per-fiden Strategie, bei der international die einzelnen Pro-Atom-Akteure aus Politik, Wirtschaft  und Wissenschaft geschickt positioniert werden, und zu der das KIT offensichtlich einen wesentlichen Teil beiträgt.

 

2005   < USA genehmigen die abschließende Zertifizierung des AP 1000 (Gen. III+)

 

2006  < Toshiba Japan kauft für 5,4 Mrd US$ die nukleare Sparte von Westinghouse, USA, und ist damit Weltmarktführer im Nukleargeschäft, der Name Westinghouse bleibt erhalten.

 

          < England: Das Programm „Energy Review“ setzt eine robuste Pro-Atom-Politik in Kraft

 

          < Der heutige Bereichsleiter des KIT, Dr. Joachim Knebel, wird Vorstandsmitglied der    

             Lobbyvereinigung „Kerntechnische Gesellschaft KTG“.

 

2007  < Der Präsident der EU-Kommission in Brüssel, Barroso, will europaweit über den Bau neuer Kernkraftwerke diskutieren, und zwar mit Blick auf den Klimaschutz. „Er warte für diese neue Atomdebatte nur noch auf das Startzeichen der führenden Politiker in den EU-Staaten. … Barrosos plötzliche Erwärmung für die Atomenergie hatte auch in seiner Behörde zu journalistischen Ermittlungen geführt. Dabei wurde bekannt, dass sein EU-Energiekommissar einen bekannten Lobbyisten der Atom-Industrie zum bezahlten „Sonderberater“ ernannt hatte. Rolf Linkohr ist ein Ex-SPD-Europaabgeordneter und Ehrenmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft....“  [ 48 ]

 

          < Dr. Knebel wird Mitglied im Verwaltungsrat des Deutschen Atomforums (DAtF), sowie Vizepräsident der „Europäischen Kerntechnischen Gesellschaft“ (ENS). Beides sind Lobbyorganisationen der Atomwirtschaft.

 

          < Gründung der „Europäischen nachhaltigen Nuklear-Industrie-Initiative“ (ESNII), die über 90 Industrie- und Forschungspartner für das FALCON / ALFRED – Projekt zusammenbringt, um die sogenannte „Generation IV Schnelle Neutronen-Reaktor-Technologie“ voranzutreiben. Dies findet statt unter dem Schutzschirm der „European Sustainable Nuclear Energy Technology Platform“, SNETP,  deren Vorstandsmitglied Dr. Knebel  2008 wird.  [ 1 ]

 

          < Carlo Rubbia wird Mitglied der hochrangigen EU-Beratergruppe für Energie-und Klimawandel, eingerichtet durch Barroso.

             (Rubbia ist der Erfinder des „beschleunigergetriebenen Rubbiatron-Reaktors“, der mit Thorium betrieben werden kann, und den Rubbia in den 1990er Jahren am CERN entwickelte. Er gilt als Vorläufers der für Transmutation geeigneten Atomreaktoren. Rubbia war u.a. Leiter des CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung.)

      

          < Putin gründet sechs Gesellschaften, die man am ehesten als „Staatskorporationen“ bezeichnen kann. Sie bündeln staatliche Aktivitäten in als strategisch wichtig geltenden Bereichen. Das Spektrum reicht von Rüstungsgütern (Konglomerat Rostec) bis zu Finanzen (Entwicklungsbank VEB). Grundlage jeder Gesellschaft bildet ein eigenes Gesetz, das ihr weitreichende Befugnisse einräumt. Die Korporationen unterliegen keiner Rechenschaftspflicht gegenüber anderen Behörden und werden von keiner unabhängigen Instanz überwacht. Sie berichten allein an den Staatspräsidenten.

             Typisch für die Staatskorporationen sind ihre Grösse und die Vielzahl an Unternehmen, die unter ihrem Dach versammelt wurden.

             Die Staatskorporation ROSATOM kontrolliert alle russischen Atomaktivitäten und den Reaktor-Export. Selber darf sich die weitverzweigte Staatsgesellschaft fast jeder Kontrolle entziehen, obwohl von der Forschung über die Erzeugung von Uran, dem Bau und Export von Kraftwerken, über eine Flotte von atombetriebenen Eisbrechern, der Pflege von Atomwaffen bis zur Überwachung von Atomanlagen alle Teile der nuklearen Wert-schöpfungskette Russlands bei dem Monopolisten vereint sind. ROSATOM-Chef Kirijenko sagt 2015, dass aufgrund der russischen Wirtschaftskrise Verträge mit dem Ausland die wichtigste Wachstumsquelle darstellten. Beinahe im Wochentakt gibt die Atomgesellschaft Fortschritte bei Verhandlungen bekannt, allein im Oktober 2015  mit Bulgarien, Jordanien, Ägypten, weiterhin existieren Pläne für Projekte in Finnland, der Türkei, Südafrika und Iran.    [ 2 ]  

 

          < Die Internationale Atom Energie Organisation IAEO, die die weltweite Förderung der Atomenergie als ihr Organisationsziel angibt, veröffentlicht die Richtlinien „Milestones in the Development of a National Infrastructure for Nuclear Power“. Damit werden ihre Mitgliedsstaaten unterstüzt, neue Kernenergieprogramme zu entwickeln, die IAEO wendet sich damit vor allem an atomare Neueinsteigerstaaten. Der Leitfaden zeigt ein „strukturiertes Vorgehen“ auf und bietet „Checklisten für Länder, die nationale Infrastrukturprogramme zur nuklearen Stromerzeugung aufbauen wollen“. Beschrieben wird darin eine detaillierte Auflistung von Aktivitäten für den Einstieg in die Kernenergie und ein Vorschlag, wie sich die verschiedenen Akteure untereinander koordinieren können. Dieses Regelwerk der IAEA wird im September 2015 in der überarbeiteten, aktualisierten Version neu herausgegeben.    [ 3 ]                               

             Ca. 2014: Mit dem „Internationalen Abdus Salam Zentrum für Theoretische Physik“ in Trieste, Italien, betreibt die IAEO dreiwöchige Kurse, die sich an junge, potentielle Führungskräfte aus atomaren Neueinsteiger-Entwicklungsländern richten. Das Ziel ist es, künftige Führungskräfte auszubilden, die in Institutionen und Behörden Atomenergie-Programme managen können und zwar für den Sektor der Atomindustrie, sowie den akademischen und öffentlichen Bereich. In Japan und Amerika wurden ähnliche Schulen eröffnet.

             Die IAEO hat Neueinsteigerprogramme entwickelt, die weltweit in folgenden Regionen eingeführt und ausgebaut werden, globale Netzwerke sollen entstehen:

              – Asien- und Pazifik-Region

              – Europa

              – Latein Amerika

              – Afrika   [ 4 ] 

 

2008  < China beginnt mit dem Bau des AP 1000

 

          < Das Deutsche Atomforum „kauft“ die Düsseldorfer  Agentur DAA, um Journalisten mit gezielter Lobbypropaganda zu beeinflussen. Es geht in der millionenteuren Kampagne um „strategische Kommunikationsberatung“, die Atomkonzerne E.on, RWE, EnBW und Vattenfall schicken ihre Kommunikationsexperten. „Die Dokumente (im taz-Artikel zum Download verlinkt) bieten Einblick in die Arbeit einer Lobby, die sich für eine hochprofitable und hochgefährliche Technologie einsetzt. Sie geben Einblick in eine Welt von Hintergrundgesprächen und bezahlter wissenschaftlicher Expertise, lancierten Presseartikeln und verdeckten Einflussnahmen.“ Ziel war es, die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke zu erreichen, was nach der Bundestagswahl 2009 dann zunächst auch gelang. [ 5 ]

 

2009  < Rubbia wird Sonderberater für Energie des Generalsekretärs der UN-Wirtschafts- kommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC / CEPAL)

 

          < Gründung des KIT mit Atomlobbyist Peter Fritz als Vizepräsident, Fritz wird im Jahr darauf Vizepräsident des Deutschen Atomforums (DAtF)

 

          < Die belgische Regierung verschiebt den geplanten Kernenergieausstieg

 

          < Die internationale Atomenergieorganisation IAEA veranstaltet die „International Conference on Opportunities and Challenges for water cooled reactors in the 21. century“ und gibt mit dem weltweit agierenden AKW- Weltmarktführer Westinghouse die Broschüre heraus: „AP 1000: The PWR revised“

 

          < England: Eröffnung des „Global Nuclear Skills Institute“, dieses soll Verbindungen für die entscheidenden Kompetenzen zwischen dem zivilen Sektor und dem Verteidigungsbereich knüpfen.

 

          < Die Vereinigten Arabischen Emirate bestellen in Südkorea 4 Atomkraftwerke.

             Undatiert: Ein Projektleiter des CERN, Dr. Yacine Kadi, der auch Professor im Energiebereich der Universität von Südkorea ist, erklärt das Potential von Atomreaktoren der nächsten Generation, sowie „die Vorteile von Thorium als alternative Quelle für atomaren Brennstoff“. Ende der der 1990er Jahre arbeitete er mit Rubbia zusammen an einem „thoriumbetriebenen, beschleunigergetriebenen System, das flüssiges Blei als Kühlmittel nutzt“. Danach war Kadi in beratender Position für die südkoreanische Regierung tätig und zwar in Bezug auf die Entwicklung von thoriumgetriebenen Atomreaktoren für die Vereinigten Arabischen Emirate. Kadi setzt seine Arbeit am CERN fort, wo er ein Projekt zu einer radioaktiven Ionenstrahl-Anlage leitet.  [ 6 ]

             Am CERN befindet sich u.a. die Beschleuniger-Anlage ISOLDE, damit können radioaktive Ionenstrahlen für Atom- und Kernexperimente erzeugt werden. Kadi führte hier Versuche mit Flüssigmetall-Targets durch und verglich diese mit numerischen Simulationen  [ 7 ]      

 

2010  < Die französische Atomenergiekommission CEA initiiert mit dem Programm ASTRID einen  Demonstrationsreaktor der vierten Generation

 

2011  < China gründet den Staatskonzern CNNC New Energy Company, um SMR-Technologien zu fördern. (Dies sind Kleine Modulare Atom-Reaktoren bis ca. 300MW) Im November 2015 plant die CNNC eine Minderheitsbeteiligung an dem finanziell angeschlagenen AREVA-Konzern zu übernehmen   [ 8 ]   

 

          < Die IAEO etabliert in Wien das sogenannte „Nuclear Law Institute“, um die „zunehmende Nachfrage nach juristischer Unterstützung der Mitgliedsstaaten, speziell zum Verfassen nationaler, atomrelevanter Gesetzgebung“ zu befriedigen.  [ 13 ]  

 

2012  < Die IAEO unterzeichnet mit der Präfektur Fukushima ein „Memorandum of Cooperation“, in dem u.a. vereinbart wurde, daß die IAEO die Medizinische Universität Fukushima im Bereich  der Fukushima-Gesundheitsfolgen „unterstützt“. Das heißt, die IAEA ist damit unmittelbar an der Schilddrüsenkrebsstudie beteiligt. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit und Objektivität der Ergebnisse auf.  [ 9 ] 

 

          < Am CERN wird das „Internationale Thorium Energy Committee“ (= iThEC) von Wissenschaftlern, Ingenieuren, Politikern und Wirtschaftsvertretern gegründet, um Carlo Rubbias Idee der mit Thorium betriebenen, flüssigmetallgekühlten und beschleunigergetriebenen Transmutationsreaktoren voranzutreiben.  [ 10 ]

 

          < Das CERN erhält einen Beobachterstatus bei der Generalversammlung der UN. Dieser besondere Status verleiht dem CERN das Recht, bei Konferenzen der Generalversammlung  zu sprechen, bei formellen Abstimmungen zu votieren und UN-Resolutionen zu unterstützen und zu unterzeichnen, nicht jedoch über sie mit abzustimmen.

         

2013  < Vertragsverlängerung der am KIT-IKET angesiedelten AREVA-Nuklearschule ANPS mit dem KIT.

 

          < Die FALCON-Konsortium-Vereinbarung wird in Bukarest / Rumänien unterzeichnet, unter Beteiligung der italienische ENEA. Es ist der erste Schritt hin zur Konstruktion einer ALFRED  genannten  Demonstrationsanlage für die vierte Generation eines schnellen, mit flüssigem Blei gekühlten Atom-Reaktors. (=Advanced Lead Fast Reactor European Demonstrator)   [ 1 ]

 

          < Rubbia hält auf der Internationalen Thorium-Konferenz ThEC13 am CERN den Eröffnungsvortrag, in dem er u.a. darlegt, das radioaktives Thorium aus den Abgasen von Kohlekraftwerken gewonnen werden kann, um es anschließend als nuklearen Brennstoff für Atomkraftwerke zu verwenden.

             Die IAEO  beteiligt sich an der ThEC13-Konferenz mit dem Abgesandten U. Basak und dem Thema „Thorium fuel cycle activities in IAEA“.  [ 11 ]   

             2015 findet die ThEC15 in Mumbai, Indien statt  

 

2014  < Die Türkei wird assoziiertes Mitglied des CERN

 

          < AREVA stellt in Aserbaidschan Pläne zum Bau eines Forschungsreaktors vor. Minister Abbasow erklärt, Aserbaidschan habe bereits begonnen, mit der IAEO und dem CERN zusammenzuarbeiten  [ 12 ]

 

          < Seit 2009 wurden von der IAEO 12 „Integrierte Nukleare Infrastrukturbewertungen“ (=INIR) durchgeführt, und zwar in Weißrussland, Bangladesh, Indonesien, Jordanien, Polen, Südafrika, Thailand, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate und Vietnam.

              Des weiteren hat die IAEA „Integrierte Nukleare Sicherheits-Unterstützungs-Pläne“ (=INSSP) mit mehreren Staaten, die Atomkraft-Programme beginnen, entwickelt oder beendet, darunter Bangladesh, Weißrussland, Jordanien, Nigeria, Vereinigte Arabische Emirate und Vietnam. Entwicklungen mit verschiedenen weiteren Neueinsteigerstaaten sind auf den Weg gebracht.  [ 13 ]

 

          < Ein Abgesandter der IAEO referiert am KIT-IKET zu einem „Überblick von CANDU-Reaktor-Technologie und superkritischen SCWR-Reaktoren“.  [ 14 ]

             CANDU-Reaktoren sind mit Natururan betriebene Druckröhrenreaktoren, was technisch den Bau solcher AKW erleichtert und zugleich eine relativ einfache Gewinnung von Waffenplutonium ermöglicht. Zusammen machen diese Merkmale den Reaktortyp besonders interessant für Schwellen- und Entwicklungsländer, ergeben damit aber auch ein erhöhtes Risiko der Weiterverbreitung von Kernwaffen. … Indien baute mit CANDU-Know-How und Technologie sein Atomwaffen-Arsenal auf.  [ 15 ]  

 

          < In fortgeschrittenen CANDU-Reaktoren wie dem AFCR kann sowohl wiedergewonnenes Uran als auch Thorium als atomarer Brennstoff eingesetzt werden. Eine Absichtserklärung zum Bau dieser Reaktoren zwischen Kanada und der chinesischen CNNC dient auch als Rahmen bei Uranabbauprojekten in China. In Rumänien sind bereits CANDU-Reaktoren in Betrieb.    [ 39 ]

 

          < Bolivien schmiedet sein erstes Atomprogramm, die IAEA berät den Andenstaat beim Einstieg in die Nutzung der Kernenergie. In Vorbereitung zum Atomeinstieg soll im zweiten Halbjahr 2015 an der bolivianischen Universität von San Andrés ein virtueller Reaktor gestartet werden, der sein Betriebssignal aus Argentinien beziehen wird. Ecuador und Kuba werden es Bolivien gleichtun.  [ 16 ]                                                               2015:Der russische Staatskonzern ROSATOM und der bolivianische Energieminister Sanchez unterzeichnen eine Vereinbarung zum Aufbau eines Kernenergieprojekts in Bolivien, damit zieht Bolivien nunmehr mit Ländern wie Venezuela, Argentinien, Peru, Kuba und Brasilien gleich, die bereits Kooperationen mit ROSATOM eingegangen sind.

             ROSATOM gilt als eine der weltgrößten Institutionen in der zivilen und militärischen Atomindustrie. Nach eigener Darstellung ist der Staatskonzern weltweit führend im laufenden Aufbau von Atomreaktoren und kontrolliert etwas mehr als ein Drittel des globalen Marktes für Urananreicherung.  [ 17 ]  

 

          < Ein in St. Petersburg ansässiges Tochterunternehmen von ROSATOM soll für für den russischen „Schnellen Hochfluss-Mehrzweck-Forschungsreaktor MBIR den Reaktordruckbehälter und Reaktoreinbauten liefern. Der MBIR soll nach Fertigstellung über Versuchskreisläufe mit Flüssigmetallen, Flüssigsalzen und Gas verfügen.   [ 41 ]

 

          < Am KIT-INR findet das Seminar „CFD-Simulation zum Übergang an strukturierten Oberflächen“ statt. Dies geschieht „in Anlehnung an gasgekühlte Gen. IV- Reaktorsysteme“.   [ 18 ] 

         

          < Ebenfalls am KIT – IKET findet eine Kolloquium genannte Werbeveranstaltung des atomaren Weltmarktführers  Westinghouse statt zum Thema „SMR- For Electricity and Alternative Applications“  [ 19 ]

 

          < China betreibt mit der CNNC Vorstudien zum Bau eines ACP100-Reaktors. Dieses Reaktorsystem zählt zu den SMR, nach Angaben der IAEO handelt es sich um ein fortgeschrittenes, mit Leichtwasser gekühltes Mehrzweck-Reaktormodul, bei dem bis zu sechs hintereinander kombiniert werden können.  [ 20 ]   

 

2015  < Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Fars unterstützt China den Iran bei Kernkraftwerksprojekten. Der Leiter der iran. Atomenergiekommission Salehi besuchte zudem mehrere Nukleareinrichtungen in China und sprach mit chinesischen Vertretern über den Bau kleiner modularer Reaktorsysteme des Typs ACP 100.    [ 21 ] 

 

          < Die beiden Staatskonzerne AREVA (Frankreich) und die chines. CNNC unterzeichneten eine Absichtserklärung, wonach die CNNC eine Minderheitsbeteiligung an der AREVA übernehmen könnte. Diese mögliche Partnerschaft würde laut AREVA sämtliche Akti-vitäten des Brennstoffzyklus umfassen. Diese sind von der derzeit laufenden Übernahme des Geschäftsbereichs AREVA NP durch die franz. EDF nicht betroffen.   [ 22 ]                                                                               

    

          < Der französische Energieversorger EDF plant den Bau von 30-40 der vom französischen Atomkonzern AREVA entwickelten Druckwasserreaktoren EPR. Dies teilte der Chef des Staatskonzerns EDF, Levy, mit.   [ 23 ]    

 

          < AREVA entwickelt Kernbrennstoff für Kleine Modulare Reaktoren (SMR) der amerikanischen Firma NuScale. Es geht dabei um einen Leichtwasserreaktor, die NuScale will den Kernbrennstoff in die Reaktor-Auslegungszertifizierung integrieren. [ 24 ]

 

          < In Piacenza, Italien laufen NuScale-Dampferzeugertests für den Einsatz in kleinen modularen Leichtwasserreaktoren (SMR) an.  [ 25 ]

 

          < Eine von Westinghouse geführte internationale Gruppe von Nuklear-Instituten, darunter das Institut für Transurane ITU am KIT Nord, erhält EU-Förderung, um die Kernbrennstoffversorgung  für Atomreaktoren russischer Bauart in der EU zu sichern und voranzutreiben. Westinghouse übernimmt dabei u.a. die Rolle des Projektkoordinators.

             Es geht um die Entwicklung, Lizenzierung und Herstellung von Nuklear-Brennstoff, Lizenzierungsprozesse für Druckwasserreaktoren, ect. In der EU gibt es zur Zeit 131 Kernkraftwerke, von denen mehr als 60% auf Westinghouse-Technologie basieren. [ 26 ]

 

          < Der Vizepräsident von Westinghouse Lateinamerika, Carlos Leipner, äußert sich im Rahmen des 26. Jahreskongresses der Nuklear Society von Mexiko wie folgt: „Kernenergie  sei in einzigartiger Weise geeignet, den Energiebedarf Mexikos durch eine verlässliche Stromerzeugung zu decken und damit Wirtschaftswachstum und einen hohen Lebensstandard zu ermöglichen. Bei der Kooperation von Westinghouse mit Partnern in Mexiko wird das Unternehmen seine langjährigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Ländern in aller Welt einfließen lassen, damit diese ihre kommerziellen Kernenergieprogramme vorantreiben können. Dabei werden eine umfassende Palette an Dienstleistungen und Brennelementen für den Betrieb der Anlagen bereitgestellt. Westinghouse bietet u.a. das AP 1000, ein Kernkraftwerk der Generation III+ an,  dieses soll für Mexiko ganz besonders geeignet sein, so Leipner.  [ 27 ]

   

          < Wieder findet am KIT-IKET eine Westinghouse-Veranstaltung statt, diesmal zu deren Druckwasserreaktor vom Typ AP1000, dessen Technologie, und Projekt-Updates  [ 28 ]

 

          < Das dritte AKW der Türkei soll nahe der bulgarischen Grenze gebaut werden. Sowohl Westinghouse als auch ein chinesischer Mitbieter hoffen, den Auftrag zum Bau von vier Einheiten des Typs AP 1000 zu erhalten. [ 29 ]                                  

 

          < Der chinesische Staatskonzern CNNC will das vierte argentinische Atomkraftwerk bauen (Atucha 3), es soll die CANDU-Reaktortechnologie verwendet werden, die auch Waffenplutonium erzeugen kann. Ein Rahmenwerk für ein fünftes AKW wurde unterzeichnet, es soll ein Druckwasserreaktor der dritten Generation werden.  [ 30 ]               

 

          < Die kanadische Terrestrial Energy Inc. will die Entwicklung ihres Integralen Schmelzsalz-Reaktors (IMSR) vorantreiben und arbeitet zu diesem Zweck neu mit dem amerikanischen Oak Ridge National Laboratory (ORNL) zusammen. Der IMSR ist modular aufgebaut und kann zu den SMR gerechnet werden. Das ORNL zählt zu den Spitzenreitern in der Erforschung neuer Reaktortechnologien.   [ 31 ]                    

             (Das ORNL wurde in den 1940er Jahren zur Atombombenherstellung gegründet, es ist seit dieser Zeit Amerikas nationales Zentrum zur Entwicklung und Anwendung von Techno-logien zur Anreicherung von Uran, was auch der nuklearen Brennstoffentwicklung  dient.)

             Am KIT-INR finden 2014 zwei Seminare mit Vortragenden des ORNL zu atomaren Anwendungen statt, einmal geht es um „nuclear data needs“ [ 32 ], das andere Mal geht es um „reactor physics“, „accelerator design“, „Monte Carlo Codes“.   [ 33 ]    

      

          < Am KIT-IKETwird ein Kolloquium zu Schmelz-Salz-Reaktoren abgehalten. Der sogenannte MSFR kann als Brüter-Reaktor im Thorium-Brennstoffkreislauf operieren oder  als Transmutationsreaktor gefüllt mit Plutonium und minoren Aktiniden. [ 34 ]                                                             

 

          < Anlässlich eines Auftritts in Singapur bekräftigte IAEO-Generaldirektor Amano seine Unterstützung zur Erforschung und Weiterentwicklung von SMR. Besonders kleine Länder wie etwa Singapur würden davon profitieren, je nach Bedarf auch im Rahmen regionaler Kooperationen. Weltweit befänden sich 45 unterschiedliche innovative SMR-Konzepte in verschiedenen Forschungsstadien und in Argentinien, China, Indien und Russland würden bereits SMR gebaut.

 

          < Eine neue britische Studie hat untersucht, wie sich grosse Kernenergieeinheiten  und kleine Modulare Reaktoren (SMR) in Zukunft ergänzen können  [ 35 ]  

 

          < Ein KIT-INR- Seminar zum belgischen MYRRHA – Demonstrationsreaktor findet statt; behandelt werden beschleunigergetriebene Anwendungen (ADS), Materialtests für die vierte Generation von Atomkraftwerken, sowie die Technologie von bleigekühlten schnellen Reaktoren.   [ 36 ]                              

 

          < Ein weiteres Seminar des KIT-INR befaßt sich mit Brennstoffen von Druckwasser-Reaktoren [ 37 ]                                

 

          < Die ROSATOM gibt bekannt, dass sie ihre Tochtergesellschaft „JSC Rusatom Overseas“ in

              drei Unternehmen aufteilt. Eines davon, die neue „JSC Rusatom Overseas Inc.“ werde zur

              russischen Drehscheibe für Kernenergie, welche die Verantwortung für die weltweite

              Vermarktung von ROSATOMs nuklearen Neubauprojekten übernimmt.

 

           < ROSATOM und Ägypten beschliessen die Zusammenarbeit über den Bau von vier AKWs, die ca. 300 km westnordwestlich von Kairo entstehen sollen. [ 49 ]

 

           < Die EU gründet eine „hochrangige Gruppe wissenschaftlicher Berater“, die die EU-Kommission in einem weiten Spektrum wissenschaftlicher Belange beraten soll. „Genügend Unterstützung und Unabhängigkeit vorausgesetzt, werden sie eine wertvolle Ressource sein“, so die Hoffnungen... Der einzige Wissenschaftler, der darin für Energiefragen zuständig ist, ist der Leiter des Kernforschungszentrums CERN, Rolf-Dieter Heuer... [ 38 ]

 

Die IAEO hat bereits in den oben erwähnten Neueinsteigerstaaten Lizenzierungs- und

Trainingsprogramme zum Kernenergieeinstieg absolviert. Dies geschieht weitgehend ungeachtet

von teilweise massiven Demokratiedefiziten, erhöhter Terror- und Proliferationsgefahr.

Staatsfirmen wie die französische AREVA, die russische ROSATOM oder die chinesische CNNC,

sowie der Konzern Westinghouse sind bereits sehr aktiv, um weltweit Absichtserklärungen und

Verträge über den Absatz ihrer jeweiligen Nukleartechnik abzuschließen.

 

Wie kann auf ehrliche Weise der von der Bundesregierung beschlossene Atomausstieg gelingen,  wenn die Brisanz und das Risiko gerade im oben beschriebenen internationalen Atom-Kontext so ignoriert werden und wenn mit denselben Personen eine Lösung angestrebt wird, die offensichtlich Teil des Problems sind? Wie sollen Atomlobbyisten und Verfechter von neuen Atomreaktor-systemen eine integre Energiewende vorantreiben, während sie offensichtlich  überwiegend daran arbeiten, die internationalen Atomkonzerne zu unterstützen und auf vielfältige Weise einem weltweiten Nuklearen Markt den Weg zu ebnen. Steuergelder, Forschungskapazitäten und entsprechendes Know-How fließen immer noch – auch unter Beteiligung des KIT – in die falsche Richtung.

Wie kann es sein, das das KIT angesichts dessen weiterhin Konzernen wie AREVA, Westinghouse und Institutionen wie ORNL und IAEO zu diesen Themen ein Podium bietet? Offensichtlich wird der deutsche Atomausstieg mit Unterstützung des KIT auf dem internationalen Parkett hintertrieben.

Der „schöne Schein“ oder das „zweite Gesicht“, was trifft mehr zu??

Ist das KIT willfähriger Handlanger in diesem desaströsen Spiel oder verantwortlicher Akteur? Wer trägt die Verantwortung für diese offensichtlich strategisch gewollte Entstehung der internationalen nuklearen Begehrlichkeiten und Versuche, die Atomwirtschaft wieder anzukurbeln und für nukleare Neueinsteigerstaaten attraktiv zu machen?

 

 

Quellenverzeichnis:

 

[ 1 ]    European Nuclear Society ENS: (www.euronuclear.org/e-news/e-news-43/ansaldo.htm)

[ 2 ]    (www.nzz.ch/wirtschaft/unternehmen/grosse-plaene-mit-kleinen-teilchen-1.18634826)

[ 3 ]    (IAEA-Broschüre „Milestones in the Development of a National Infrastructure for Nuclear Power“, 2015, www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin vom 14.09.2015)

[ 4 ]    (IAEA-Broschüre „Developing Infrastructure“, S. 11 und 19-20, März 2014)

[ 5 ]    (taz vom 29.10.2011)

[ 6 ]    (Homepage der Universität von Waterloo, Kanada:  www.wgsi/yacine-kadi)

[ 7 ]    (http://publications.crs4.it/pubdocs/2010)

[ 8 ]    (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 05.11.2015)

[ 9 ]    (Newsletter IPPNW, 11.11.2015)

[ 10 ]  (www.ithec.org)

[ 11 ]  (Programm ThEC13)

[ 12 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 16.09.2014)

[ 13 ]  (IAEA-Broschüre „Developing Infrastructure“, S. 6-9, März 2014)

[ 14 ]  (28.10.2014 am KIT-IKET, Dr. M. Krause von IAEO. Kolloqien: www.iket.kit.edu)

[ 15 ]  (Wikipedia – CANDU)

[ 16 ]  (amerika 21, 23.11.2014)

[ 17 ]  (amerika 21, 10.10.2015, Autor: A. Hetzer)

[ 18 ]  (08.12.2014, M. Böttcher, vom INR)

[ 19 ]  (Kolloquium 17.06.2014, KIT-IKET, Dr. H. Herbell, Westinghouse: „SMR...)

[ 20 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 03.07.2014)

[ 21 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 08.09.2015)

[ 22 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom05.11.2015)

[ 23 ]  (tageblatt.lu/AFP, 23.10.2015)

[ 24 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 27.02.2015)

[ 25 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 18.02.2015)

[ 26 ]  (www.businesswire.com/news/home/20150629005557/de/)

[ 27 ]  www.businesswire.com/news/home/20150707006642/de/)

[ 28 ]  (07.Juli 2015, KIT-IKET, Dr. H. Herbell, Westinghouse. Kolloqien: www.iket.kit.edu)

[ 29 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin    vom20.10.2015)

[ 30 ]  (www.german.china.org.cn/     vom 07.11.2015)

[ 31 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 19.01.2015)

[ 32 ]  (01.12.2014 am KIT-INR, Dr. Luiz Leal, ORNL)

[ 33]   (30.06.2014 am KIT-INR, Dr. Robert Grove, ORNL)

[ 34 ]  (30.06.2015, Klosterman, Delft, Kolloqien: www.iket.kit.edu)

[ 35 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 21.10.2015)

[ 36 ]  (15.06.2015 am KIT-INR, Giulia Morresi, Pisa, Italien)

[ 37 ]  (19.10.2015 am KIT-INR, Vincenzo Romanello vom INE)

[ 38 ]  (Süddeutsche online, 11.11.2015)

[ 39 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 31.07.2014)

[ 40 ]  (www.iket.edu/580.php)

[ 41 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 08.05.2014)

[ 42 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 25.11.2015)

[ 43 ]  (KIT-PI 139)

[ 44 ]  (https://cds.cern.ch/record/1624293)

[ 45 ]  (ithec.org/wp-content/uploads/2015/10/Revol.ThEC15.parallel.04.pdf)

[ 46 ]  (CERN-Thesis-2009-143)

[ 47 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 08.05.2014 und vom 14.09.2015)

[ 48 ]  (WAZ online vom 24.05.2007)

[ 49 ]  (www.nuklearforum.ch/de/aktuell/e-bulletin   vom 25.11.2015)