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b_215_215_16777215_0_0_images_stories_akt11_0306sospa_s_DSCN6853.jpgUmweltfreundlich geht anders: Mit dem Bau eines neuen Umrichtwerks am AKW Neckarwestheim für knapp 50 Mio. Euro zementiert die Deutsche Bahn ihre Abhängigkeit vom Atomstrom. So stellt die Bahn die Weichen für die Zukunft, um auch in der Zeit nach der Stilllegung von GKN 1 die Züge mit der Hochrisiko-Energie Atomstrom rollen zu lassen.

Das offensichtliche Motto der DB „Alle reden vom Atomausstieg. Wir nicht.“ nahm das Aktionsbündnis zum Anlass, beim Sonntagsspaziergang am 6. März den Blick auf die Bahn und ihre angeblich umweltfreundlichen Angebote zu richten. Atomausstieg sofort – auch bei der Bahn!
Nach dem Sonntagsspaziergang nutzen einige der ca 60 TeilnehmerInnen die Möglichkeit, vor Ort die Baustelle der Bahn am AKW Neckarwestheim „kritisch zu begutachten“.
Im Artikel einige Bilder, einige links sowie Auszüge aus einem Greenpeace-Statement zum Thema "Atombahn".



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Deutsche Bahn: mit Atomstrom aufs Abstellgleis

Die Deutsche Bahn AG (DB) präsentiert sich gerne als Vorreiter in Sachen Umwelt- und Klimaschutz. Doch bei ihrer Stromversorgung wird sie diesem Anspruch nicht gerecht: Die Züge der DB fahren immer noch zu rund 70 Prozent mit Atom- und Kohlestrom.

Und wenn es nach der Deutschen Bahn geht, soll dies noch jahrzehntelang so bleiben. Die bundeseigene DB ist nicht nur das größte staatliche Unternehmen, sondern auch der größte Stromverbraucher im Land. Zuständig für die Energieversorgung der Züge, der Bahnhöfe und angrenzender Industriebetriebe ist die Tochtergesellschaft DB Energie.
Rund die Hälfte der 38.000 Streckenkilometer der DB ist elektrifiziert – für die Verteilung des Bahnstroms sorgt ein bahneigenes unabhängiges Stromnetz von rund 7.700 km Länge. Strom für die Züge wird in Deutschland aus historischen Gründen mit einer Frequenz von 16,7 Hertz verteilt (statt 50 Hertz in normalen Stromnetzen).

Die Elektrizität wird teilweise mit speziellen Generatoren direkt als Bahnstrom erzeugt, zum Teil aber auch in Umformeroder Umrichterwerken aus herkömmlichem Strom umgeformt. Anschließend fließt der Strom über rund 160 Unterwerke in die Oberleitungen.
Nach eigenen Angaben beschafft die DB Energie jährlich rund 15-16 Terrawattstunden (TWh) Strom, davon werden 80 Prozent - oder rund 12 TWh - für den Antrieb der Züge genutzt. Zum Vergleich: Berlin mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern hat einen Stromverbrauch von 13 TWh im Jahr.

Der Strom, mit dem die Züge angetrieben werden, setzte sich im Jahr 2009 aus folgenden Energieträgern zusammen:
• Atomkraft: 25,2 %
• Steinkohle: 32,1 %
• Braunkohle: 13,1 %
• Erdgas: 9,1 %
• Erneuerbare Energien: 18,5 %
• Sonstige Brennstoffe: 2,0 %

Der Stromanteil aus Erneuerbaren Energien stammt bisher jedoch vorwiegend aus jahrzehntealten Wasserkraftwerken.
Neue Erneuerbare Energien - wie Windkraft, Bioenergien oder Solarstrom - spielen bei der Bahn bislang so gut wie keine Rolle.

Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien laut DB auf 30 Prozent erhöht werden. Entgegen dieser Verlautbarungen spricht sich die DB allerdings öffentlich nicht nur für Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken aus sondern schließt auch langfristige Verträge für den Bezug von Atom- und Kohlestrom ab. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft noch eine gewaltige Lücke!
Die meisten Kraftwerke, die der DB Strom liefern, befinden sich im Besitz und Betrieb von großen Stromkonzernen. Mit den Energieversorgern hat die DB zu verschiedenen Kraftwerken langfristige Lieferverträge abgeschlossen. Dazu zählen verschiedene Kohlekraftwerke wie Datteln 4 und das Atomkraftwerk im badenwürttembergischen Neckarwestheim, rund 40 Kilometer entfernt von Stuttgart.

Der AKW-Standort Neckarwestheim besteht aus zwei Reaktorblöcken, die beide Strom an die DB liefern. In Block I ist ein Generator integriert, der den Bahnstrom direkt in der geeigneten Frequenz erzeugt. Block II braucht ein Umrichterwerk, um den dort produzierten Strom ins Bahnnetz einspeisen zu können.
Insgesamt bezieht die DB Energie aus dem AKW Neckarwestheim eine Gesamtleistung von 295 Megawatt (MW), davon 155 MW aus Block I und 140 MW aus Block II4. Ein neues Umrichterwerk, das zurzeit am Kraftwerk gebaut wird, soll den Strombezug aus Block II langfristig sichern.

Die DB setzt dennoch langfristig auf Atom- und Kohlestrom. Bahnchef Rüdiger Grube hat sich im August 2010, als einer der 40 Erstunterzeichner des „Energiepolitischen Appells“ deutscher Manager, öffentlich für eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken stark gemacht.
Als erster Standort profitiert seit Januar 2011 der Block I in Neckarwestheim von der Verlängerung der Laufzeiten. Der Meiler wurde nicht Ende 2010 stillgelegt, wie es im rot-grünen Atomausstiegsgesetz vorgesehen war. Und Block II, an dem die DB gerade ihr neues Umrichterwerk baut, kann voraussichtlich noch bis 2037 Atomstrom liefern.
Auch auf klimaschädlichen Kohlestrom will die DB langfristig setzen. In Nordrhein-Westfalen soll dafür ein gigantischer Klimakiller gebaut werden: das Kohlekraftwerk "Datteln 4" von E.ON. Dieser größte Kraftwerksblock Europas wird mit sechs Millionen Tonnen CO2-Ausstoß jährlich rund die gleiche Menge Kohlendioxid ausstoßen, wie die drei Millionen Einwohner von Panama. Rund 40 Prozent des in Datteln produzierten Stroms sollen bis zum Jahr 2045 direkt ins Bahnstromnetz der DB eingespeist werden.

"Es hilft nichts, ökologisch zu denken - wir müssen handeln." So lautet ein aktueller Werbeslogan der DB. Auch Bahnchef Grube präsentiert sich gerne als Vorreiter beim Klimaschutz. So erklärte er am 27.10. 2010: „Die Deutsche Bahn unterstützt die Vereinten Nationen in ihrem Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen". Doch statt konsequent zu handeln, investiert die Bahn munter weiter in klimaschädliche Kohlekraftwerke. Es bleibt bei Lippenbekenntnissen zu Klima- und Umweltschutz, halbherzigen Klimaschutzinitiativen und symbolischen Windkraftprojekten.

Die Bahn muss sich entscheiden: Will sie ein wirklich ökologisches Unternehmen werden oder gaukelt sie Umweltschutz weiter nur vor? Setzt sie weiter auf menschenfeindliche und umweltzerstörende Stromerzeugung oder schwenkt sie konsequent um auf umweltfreundliche und innovative Zukunftstechnologien wie  Erneuerbare Energien. Beides gleichzeitig wird nicht gehen. Denn rund um die Uhr laufende, schwerfällige Grundlastkraftwerke (Atom- und Braunkohle) passen schon aus technischen Gründen nicht zu Erneuerbaren Energien und blockieren das Wachstum von sauberer Energie aus Wind und Sonne: Bei dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien müssen Kraftwerkparks nämlich in der Lage sein, sich flexibel an die schwankende Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom anzupassen. Das heißt, sie müssen permanent hoch- und runtergefahren werden. Im Gegensatz zu flexiblen Gaskraftwerken sind schwerfällige Atom- und Kohlekraftwerke aber kaum regelbar. Für führende Wissenschaftler ist eine Entscheidung zwischen den beiden Systemen der Energieversorgung daher längst überfällig.

Dass Investitionen in eine saubere Energieversorgung anfänglich höhere Mehrkosten verursachen, ist kein überzeugendes Argument. Geld für Investitionen ist bei der Bahn vorhanden. Dieses Geld ist in Erneuerbare Energien sehr gut investiert und es zahlt sich langfristig aus: Während Erneuerbare Energien immer billiger werden, steigen die Kosten für Kohle- und Atomstrom. Zudem bergen diese Energieträger unkalkulierbare, auch finanzielle Risiken.
Nicht zuletzt werden es zufriedene Kunden der Bahn danken, wenn sie mit ihrem Geld zukünftig zu einer sauberen Umwelt beitragen können und nicht weiter gezwungen werden, Umweltzerstörung mitzuverantworten.

• Die DB muss aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim aussteigen und darf zukünftig keinen Atomstrom mehr nutzen.
• Die DB darf sich an keinen weiteren Kohlekraftwerken wie in Datteln 4 beteiligen und muss aus der klimaschädlichen Stromerzeugung mit Kohle aussteigen.
• Die DB muss ihren Bahnstrom auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umstellen und bis zur vollständigen Versorgung damit allein auf die Brückentechnologie Erdgas zu setzen.


Links zum Thema "Atombahn"