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Ludwigsburger Kreiszeitung, 07.02.08

> Maulkorb für Datenschutzbeauftragten

Er wurde noch nie wegen einer Straftat verurteilt. Dennoch hat die
Polizei seine Daten in der Arbeitsdatei "Politisch motivierte
Kriminalität" gespeichert. Soviel weiß Atomkraftgegner W. (wir
berichteten). Was der Staatsschutz aber an "Erkenntnissen" über ihn
festhält und weshalb, verrät ihm das Landeskriminalamt nicht. Damit nicht
genug: Auch dem Landesdatenschutzbeauftragten Peter Zimmermann hat das
LKA einen Maulkorb verpasst.

Unter Hinweis auf die Erfordernisse polizeilicher Aufgabenerfüllung sei
ihm von den Staatsschützern untersagt worden, W. die erwünschte Auskunft
hinsichtlich der über ihn gespeicherten Daten zu geben, sagte Zimmermann
gestern auf Anfrage. Der Landesdatenschutzbeauftragte bestätigte
indessen, dass der "Fall W." deutliche Parallelen zu zwei weiteren Fällen
aufweist, die er in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht mit massiver Kritik
am sorglosen Umgang der Polizei mit den Belangen des Datenschutzes
verbunden hatte.
Ausgerechnet der Staatsschutz beweise "ein erschreckendes Verständnis von
den Aufgaben der Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat", hatte
Zimmermann dabei die offenbar gängige Praxis gegeißelt, eine mögliche
"rechtsmissbräuchliche Speicherung" personenbezogener Daten unter Hinweis
auf die Erfordernisse der Kriminalitätsbekämpfung zu vertuschen. Es gebe,
präzisierte Zimmermann im Gespräch mit unserer Zeitung, natürlich
durchaus Umstände, in denen die Polizei den Betroffenen eine Offenlegung
der über sie gespeicherten Daten zurecht verweigere - etwa zum Zweck der
Terrorabwehr. Doch die Registrierung von zwar politisch motivierten, doch
völlig legalen Handlungen wie der Wahrnehmung bürgerlicher
Freiheitsrechte und die Geheimhaltung dieser polizeilichen "Erkenntnisse"
seien davon nicht gedeckt. Mit anderen Worten: Zimmermann beklagt, dass
die Polizei letztlich selbst bestimmt, wann sie Belange des Datenschutzes
im Hinblick auf ihre Ermittlungsinteressen außer Kraft setzt. Mehr als
auf dieses "Dilemma" hinzuweisen, ist ihm aber fast unmöglich.
Just das dürfte er nun auch im Fall des Marbacher Atomkraftgegners W.
tun, gegen den wegen eines möglichen Verstoßes gegen das
Versammlungsgesetz ermittelt wird - kaum ein dem Terrorismus oder anderer
Schwerstkriminalität vergleichbarer Vorwurf. Dennoch blieb W.s Antrag auf
umfassende Datenauskunft erfolglos: Das LKA teilte ihm nur mit, dass der
Eintrag zweier älterer Ermittlungsverfahren inzwischen mangels
Tatverdacht gelöscht sei - und dass es sich zur Auskunft über weitere
aktuell oder früher registrierte Daten (etwa über die Teilnahme an
Demonstrationen) nicht verpflichtet sehe. Allein Datenschützer Zimmermann
weiß nun, was der Staatsschutz sonst noch alles über H. W. weiß. Aber er
darf es auf Weisung des LKA niemandem sagen.
Steffen Pross


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