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Stuttgarter Nachrichten, 14.04.09

> Atomsuppe kommt in Gläser
> Karlsruhe darf mit Entsorgung von radioaktiven Abfällen beginnen

Karlsruhe - Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit dürfen Techniker nun damit beginnen, die
hochradioaktiven Abfälle der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe zu
entsorgen. Nach dem O. K. des baden-württembergischen Umweltministeriums in Stuttgart
läuft das Milliardenvorhaben Ende April an.

VON ARNOLD RIEGER

Rund 60 000 Liter hochgiftiger Flüssigkeit lagern in den Edelstahltanks auf dem Gelände bei
Karlsruhe, darunter mehr als 16 Kilo Plutonium. Sie soll nach einem speziell entwickelten
Verfahren in Glasblöcke eingebunden und dann in einem Castorbehälter ins Zwischenlager
Nord bei Greifswald gebracht werden. Die Anlage ist längst fertig, doch seit Monaten
warteten die Techniker noch auf die letzten Genehmigungen von Bund und Land. Diese
wurden inzwischen erteilt, deshalb wird es in Karlsruhe nun ernst.

Zunächst müssten noch Strahlenschutzbereiche ausgewiesen und Leitungen angeschlossen
werden, heißt es im Stuttgarter Umweltministerium. Ende April soll dann die Verglasung mit
nichtradioaktivem Material anlaufen. In der zweiten Stufe füllen die Techniker schwach
strahlende Substanzen ab, und ab Juli schließlich ist die Atomsuppe dran: 60 Kubikmeter
Hinterlassenschaft der Wiederaufarbeitungsanlage.

Vor allem die Grünen hatten zuletzt darauf gedrängt, endlich mit der Entsorgung zu beginnen
- aus Sicherheitsgründen, aber auch mit Blick auf die Kosten. Der Startschuss hatte sich aus
rechtlichen und technischen Gründen jahrelang verzögert, im Genehmigungsverfahren gab
es mehrere Tausend Einwendungen.

Das hat die Kalkulation von einstmals 1,1 Milliarden auf nunmehr 2,63 Milliarden Euro in die
Höhe getrieben. Das Land Baden-Württemberg trägt von diesem Betrag rund 125 Millionen,
die Hauptlast teilen sich Bund und Energieversorger.

Für die Verzögerung hatte zuletzt auch das Bundesamt für Strahlenschutz gesorgt, da das
Zwischenlager Nord bei Greifswald noch keine Erlaubnis zur Aufnahme der beladenen
Glasbehälter besaß. Die Genehmigung zum Abfüllen der Atomsuppe in die sogenannten
Glaskokillen sei jedoch erst dann sinnvoll, wenn auch deren Lagerung erlaubt sei, heißt es
im Stuttgarter Umweltministerium. Nachdem nun beide Behörden grünes Licht gegeben
haben, läuft in Karlsruhe der Countdown.

Allein die jährlichen Betriebskosten der Anlage belaufen sich auf 30 Millionen Euro. Die
brisante Mischung aus Salpetersäure und Spaltprodukten muss ständig in Bewegung
gehalten und gekühlt werden, ansonsten würde sie überhitzen und explodieren. Insgesamt
130 Kokillen aus Siliziumdioxid sollen die Atomsuppe aufnehmen. Darüber hinaus werden
laut Stuttgarter Umweltministerium geringe Mengen radioaktiver Flüssigabfälle verarbeitet,
die aus der Spülung der Lagertanks und anderer Behälter stammen.

Die Energieversorgungsunternehmen, darunter die Energie Baden-Württemberg (EnBW),
hatten sich ihren Kostenanteil ursprünglich auf 1,1 Milliarden Euro deckeln lassen. Doch
mittlerweile haben Bund und Land nachverhandelt und den Konzernen 300 Millionen Euro
Beteiligung zusätzlich abgerungen.

Bis Ende 2010 wollen die Ingenieure mit ihrer Arbeit fertig sein. Doch es wird wahrscheinlich
zehn weitere Jahre dauern, bis die Anlage im Nordwesten von Karlsruhe zurückgebaut und
das Gelände rekultiviert sein wird. Ob sich der Kostenrahmen halten lässt, ist allerdings
fraglich.


14.04.2009 - aktualisiert: 14.04.2009 05:41 Uhr

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