Bußgeldbescheide der Stadt Karlsruhe für AKW-GegnerInnen aufgrund geheimer Polizeidateien?

b_215_215_16777215_0_0_images_stories_akt11_ntbprozess2.jpg(Prozessbegleitungsgruppe „Tanz weiter“, 04.08.11) Im letzten der Bußgeldverfahren gegen AKW-GegnerInnen vor der „Sommerpause“ gab es eine faustdicke „Überraschung“. Betroffen war ein „Demobeobachter“, der eindeutig sichtbar mit einer entsprechend gekennzeichneten Weste erkenntlich war, und während seiner Tätigkeit im Kontakt mit dem „Anti-Konflikt-Team“ der Polizei stand. So stellte sich natürlich die Frage, warum auch er einen Bußgeldbescheid der Stadt Karlsruhe zugestellt bekam.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass gegen einige AKW-KritikerInnen Bußgeldbescheide verhängt wurden, obwohl diese nachgewiesenermaßen weder auf den Gleisen noch im Polizeigewahrsam waren, und auch ihre Personalien nicht festgestellt wurden.

Nach Auskunft seines Verteidigers ergab sich aus den Gerichtsakten in keinster Weise, warum nun gerade gegen den Betroffenen Demobeobachter ein Bußgeldbescheid verhängt wurde. Dies bestätigte auch der zuständige Richter im vollbesetzten Gerichtssaal, in dem nun über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vor dem Amtsgericht Karlsruhe verhandelt wurde.

Auf Nachfrage des Verteidigers erklärte der anwesende Zeuge, ein Kriminaloberkommisar der Abteilung „Staatsschutz“ der Polizei, die Betroffenen seien den Ermittlungsbehörden bekannt.

Auf die Nachfrage des Verteidigers, ob denn AKW-GegnerInnen, die noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren in geheimen Listen und Dateien geführt würden, verweigerte er die Aussage, da er dazu keine Aussagegenehmigung habe...

Das Verfahren wurde vom Amtsgericht Karlsruhe nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt, wie bislang alle Verfahren zuvor, bis auf ein Verfahren, in dem die Betroffene nicht anwaltlich vertreten war, dort wurde das Bußgeld jedoch auf 50 ¤ reduziert.

Wie bereits berichtet, hat die Stadt Karlsruhe ca. 44 Bußgeldbescheide gegen AKW-GegnerInnen in Höhe von 200 ¤ zzgl. 23,50 ¤ Gebühren verhängt, die gegen den Transport von hochradioaktivem Atommüll – mit u.a. 16 Kilogramm Plutonium und über 500 Kilogramm Uran - quer durch Karlsruher Wohngebiete am 15./16.2.2011 mit einer Nachttanzblockade protestiert haben. Dabei wurden ca. 350 der 700 Teilnehmenden bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mehrere Stunden bis früh morgens um 6.30 Uhr von der Polizei in ein Freiluftgewahrsam genommen.

Es drängt sich nach dem Eindruck der letzten Verhandlungen vor dem Amtsgericht Karlsruhe der Verdacht auf, dass Atomkraft-KritikerInnen und andere, die von ihrem elementaren Recht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch machen, offenbar in geheimen polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Dateien geführt werden, die von der Stadt Karlsruhe für ihre Bußgeldbescheide herangezogen wurden.

Wir fordern Auskunft von den zuständigen Stellen der Stadt Karlsruhe und dem Polizeipräsidium Karlsruhe, inwieweit Atomkraft-KritikerInnen in geheimen Daten geführt werden.

Beim Verwaltungsgericht Karlsruhe ist derzeit eine Klage anhängig, mit der festgestellt werden soll, dass die Allgemeinverfügung der Stadt Karlsruhe, die für 48 Stunden jegliche Versammlung, egal zu welchem Thema, in einem breiten Korridor quer durch Karlsruhe inklusive des Bahnhofs verboten hat, nicht rechtmäßig war. Falls diese rechtswidrig war, wovon wir ausgehen, wäre auch allen Bußgeldbescheiden der Boden entzogen.

Friedlicher Protest gegen Transport von hochradioaktivem Atommüll quer durch Karlsruher Wohngebiete darf nicht kriminalisiert werden! 

Wir fordern weiter, wie viele BürgerInnen und mehrere Umweltverbände und Fraktionen im Karlsruher Gemeinderat, die Rücknahme der Bußgeldbescheide für AtomkraftgegnerInnen und die Rückerstattung der ohne Einspruch gezahlten Bußgelder

(Prozessbegleitungsgruppe „Tanz weiter“, Atomstopp Karlsruhe, Anti-Atom-Bündnis K-he)