Pressemitteilung

Redaktion Aktuelles/Umwelt/Politik 31. Oktober 2008

Atomkraftgegner protestieren gegen Observation durch Kriminalpolizei

Im Zusammenhang mit dem Castor-Transport nach Gorleben, der
voraussichtlich am 08.11.2008 durch Karlsruhe rollen wird, haben fünf
AtomkraftgegnerInnen aus Karlsruhe Besuch von der Kriminalpolizei
bekommen. Beamte des Staatsschutz-Dezernats suchten die Betroffenen
zwischen dem 17.10.08 und 19.10.08 zu Hause und an Arbeitsplätzen auf.
Sie kündigten den AtomkraftgegnerInnen an, dass diese von nun an
polizeilich überwacht würden. Die Polizei begründete die Maßnahme damit,
dass die Betroffenen bei vergangenen Castor-Transporten "aufgefallen"
seien und behauptete, diese hätten bereits in der Vergangenheit Straftaten
begangen. Sie räumte allerdings ein, dass dafür keinerlei Beweise
vorliegen.

Tatsächlich dringt die Polizei seitdem demonstrativ in das Privatleben der
AtomkraftgegnerInnen ein: Diese werden in ihrem Alltag, bei ihren
Erledigungen und ihrer Erwerbstätigkeit von der Polizei verfolgt, zu
Ausweiskontrollen angehalten, ihre Aufenthaltsorte observiert. Mit diesen
Maßnahmen diffamiert sie die Betroffenen und verletzt deren Privatsphäre.

Das Vorgehen ist nicht geeignet, um Erkenntnisse über unterstellte
Straftaten zu gewinnen. Offensichtlich soll die spürbare polizeiliche
Verfolgung die AtomkraftgegnerInnen vor allem einschüchtern. Die
Beschattung ist ein Versuch der Landesregierung, mit polizeilichen
Maßnahmen in die gesellschaftliche Auseinandersetzung über die
Gefährdung durch Atomenergie einzugreifen. Das ist mit demokratischen
und rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

Bei Protesten gegen Atomkraft und Atommüll-Transporte in der Region
Karlsruhe ist kein Mensch jemals gefährdet oder gar geschädigt worden.
Dagegen stellen die Atomkraftwerke und der von ihnen produzierte Müll
eine beständige, reelle und zudem immense Gefahr für die ganze Region
dar - ohne dass die Polizei in vergleichbarer Weise aktiv würde. So hat
EnBW in allen seinen fünf Atomkraftwerken die Sicherheitsvorschriften
zum
Teil jahrzehntelang systematisch missachtet. Der Energiekonzern nahm
etwa in Kauf, dass das Notkühlsystem, das bei einem Störfall die
Kernschmelze verhindern sollte, nicht vollständig funktionsfähig war - im
AKW Philippsburg über 16 Jahre hinweg. Nur dem Zufall ist es zu
verdanken, dass es nicht zum GAU kam. Hat die Polizei jemals den
Betriebsleiter zu Hause aufgesucht zwecks einer "Gefährderansprache"?
Das Uralt-AKW Philippsburg-I hält nach dem Geheim-Gutachten der
Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) lediglich dem Absturz eines
Sportflugzeuges stand, das AKW Neckarwestheim I belegt im
Sicherheitsvergleich aller AKWs in Deutschland den vorletzten Platz - nur
der Schrottreaktor Biblis-A ist noch unsicherer. Werden die EnBW-Chefs,
die täglich darauf hinarbeiten, diese Risiko-Meiler noch länger zu
betreiben,
in ihrem Alltag von der Polizei observiert?

Sicherheitswidriger Betrieb von Atomkraftwerken, riskante Atommüll-
Transporte, undichte Atommüll-Lager: All diese Gefahren für die
Öffentlichkeit bestehen mit Wissen und durch das Handeln von Politikern,
Aufsichtsbeamten, Betriebsleitern und Unternehmensvorständen.
AtomkraftgegnerInnen setzen sich für die sofortige Stilllegung aller
Atomanlagen ein, um diese Gefahren zu beseitigen. Wir fordern
Landesregierung und Polizei auf, die unverhältnismäßigen
Überwachungsmaßnahmen zu beenden.

Alle AtomkraftgegnerInnen laden wir ein, gegen den Weiterbetrieb der
AKWs und die weitere Produktion von gefährlichem Atommüll zu
protestieren - etwa bei der feierlichen Begrüßung des Castor-Transports
am
Samstag, 08.11.2008, ab 11 Uhr am Bahnhof Wörth (http://www.castor-
stoppen.de/?p=139).

Mit freundlichen Grüßen
für die südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen

Eric Tschöp


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