Teil 1: Greenwashing durch Atom-Gurus?
Die Führung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat in der Person Prof. Hanselkas in Publikationen und öffentlichen Auftritten eine klare Richtung in allen Bereichen, die für die Energiewende notwendig sind, vorgegeben und dieses gilt es umzusetzen. Die Widerstände gegen diese Absichtserklärungen sind jedoch deutlich spürbar. Diese gavierenden Zusammenhänge aufzuzeigen, ist das Ziel unseres folgenden Artikels, um „etwas“ Licht in dieses Dunkel zu bringen.
Trotz Energiewende und einiger guter neuer Projekte dazu finden am KIT immer noch höchst problematische Vorträge, Lehrveranstaltungen und Forschungsarbeiten statt.
Die Presseinformation des KIT zur „Erzeugung von Wasserstoff aus Methan durch Cracken ohne Kohlendioxid-Emissionen“, wobei das Flüssigmetalllabor KALLA des KIT eine Rolle spielt [ 43 ], wirft daher eine ganze Reihe von Fragen auf:
Warum wird nicht die Möglichkeit genannt, Wasserstoff bereits jetzt regenerativ aus Wind und Solarkraft zu erzeugen (Power to gas)? Der Umweg über den fossilen Energieträger Erdgas ist fragwürdig, zumal das beschriebene Prinzip auch als weiterer Steigbügel für Fracking und mögliche Tiefsee-Methan-Hydrat- Industrien verstanden werden kann, was wiederum weitere Risiken nach sich zieht... Es fehlt auch der Vergleich der Wirkungs- und Effizienzgrade zwischen dem beschriebenen „Cracken“ und dem bereits erprobten „Power-to-gas“-Verfahren mit regenerativen Energien.
Viel spannender aber ist die Frage, warum das KALLA -Flüssigmetall-Labor gerade zum jetzigen Zeitpunkt einen Fürsprecher wie Carlo Rubbia bekommen darf: Rubbia ist der Erfinder des „beschleunigergetriebenen Rubbiatron-Atom-Reaktors“, der mit Thorium betrieben werden kann, und den Rubbia in den 1990er Jahren am CERN entwickelte (der Europäischen Organisation für Kernforschung). Er gilt als Vorläufer der für Transmutation geeigneten Atomreaktoren. Der etwa 80-jährige Rubbia war u.a. Leiter des CERN, und wird in der Atom-Szene fast wie ein Übervater verehrt. Ein langjähriger Mitarbeiter von Rubbia ist Dr. Yacine Kadi - der in den 1990er-Jahren mit Rubbia zusammen an einem „thoriumbetriebenen, beschleunigergetriebenen System, das flüssiges Blei als Kühlmittel nutzt“, arbeitete. Kadi ist Projektleiter am CERN und gleichzeitig als Professor im Energiebereich der Universität von Südkorea angestellt, in beratender Position war er für die südkoreanische Regierung tätig: In Bezug auf die Entwicklung von thoriumgetriebenen Atomreaktoren für die Vereinigten Arabischen Emirate [ 6 ], denn die VAE bestellten in Südkorea im Jahr 2009 vier Atomkraftwerke.
Rubbia hat als langjähriger Mitarbeiter und dann Leiter des CERN noch lange nach seinem Ausscheiden vor zwei Jahren den Eröffnungsvortrag der Internationalen Thorium-Konferenz ThEC13 am CERN gehalten. In diesem Vortrag beschreibt er die Möglichkeit, Thorium aus den Abgasen von Kohlekraftwerken zu gewinnen, um es anschließend als Brennstoff in Atomkraftwerken zu nutzen [ 44 ]. Auch auf der diesjährigen Thorium-Konferenz in Indien (ThEC15) wurde er häufig zu atomaren Themen zitiert. U.a. wird dort unter Beteiligung seines Mitstreiters Kadi für den Bau einer Thorium verwendenden beschleunigergetriebenen Demonstrationsanlage genannt „Troitsk“ geworben. Die Anlage soll in Russland u.a. genutzt werden für „Studien zu Materialwissenschaften, Nuklear-Physik, Nuklear-Technologien, Flüssigmetall-Kühlung und (Atom-)Brennstoffzusammensetzung...“ Angestrebt wird des weiteren die „Entwicklung eines künftigen industriellen Prototypen zur Energieproduktion von einigen hundert Megawatt, und um die Zerstörung von Minoren Actiniden zu demonstrieren.“ (=Transmutation). In nächsten Schritten soll die weitere Zusammenarbeit mit dem CERN für Machbarkeitsstudien, sowie mit ROSATOM erfolgen, um „Design und Konstruktion des Reaktorkerns zu optimieren“. [ 45 ]
Am CERN finden auch Experimente zu „Machbarkeitsstudien von innovativen nuklearen Systemen (ADS und Generation IV-Reaktoren) statt, die für die Energieproduktion und Transmutation … in Betracht kommen“. Weiterhin gibt es Untersuchungen zu Uran 233, Thorium-Uran-Brennstoffkreisläufen und minoren Actiniden. [ 46 ]
Technologien zur Flüssigmetallkühlung spielen eine zentrale Rolle bei Atomkraftwerken. Und zwar insbesondere bei der Entwicklung von AKWs der Vierten Generation, die auch „Kleine Modulare Atomreaktoren“ = SMR beinhalten. (Nicht zu verwechseln mit der ebenfalls SMR genannten Methan-Dampf-Technologie der KIT-Pressemitteilung). Auch in russischen Atom-U-Booten wurde die Flüssigmetallkühlung bereits eingesetzt. Der in Dimitrowgrad im Bau befindliche „Schnelle Hochfluss-Mehrzweck-Atom-Forschungsreaktor MBIR“ soll zur Entwicklung von Materialien für Schnelle Reaktoren der vierten Generation verwendet werden. Er verfügt über Versuchskreisläufe, die mit Flüssigmetallen, Flüssigsalzen oder Gas beschickt werden können“. (Eine Firma aus St. Petersburg, die zum russischen Staatskonzerns ROSATOM gehört, liefert dazu den Reaktordruckbehälter und die Reaktoreinbauten). [ 47 ]
In Rumänien realisiert das Konsortium FALCON, das aus ca. 90 Interessengruppen aus Wirtschaft und Forschung besteht, zur Zeit den atomaren Demonstrationsreaktor ALFRED. Damit soll ein „bleigekühlter schneller atomarer Demonstrationsreaktor der vierten Generation“ zum Einsatz kommen. Er soll als „europäische Forschungsleistung“ die „Sicherheit der nächsten Generation Atomkraftwerke verbessern“. Dieses Projekt ist Teil des strategischen SET-Planes der Europäischen Union und wird unter dem Schirm der „Sustainable Nuclear Energy Technology Platform“ (= SNETP) geführt. [ 1 ] Der jetzige Bereichsleiter des KIT, Dr. Knebel war von 2008 bis 2010 Mitglied des Vorstandes der SNETP.
Die „Europäische Nuclear Society“, ENS, deren Vizepräsident Knebel von 2008-2011 war, sieht mit der „Realisierung des ALFRED – Demonstrationsreaktors die europäischen Organisationen während der kommenden Dekaden in einer Vorreiterrolle bei der nuklearen Kernspaltung.“
Die Technologie der Flüssigmetall-Kühlung spielt also mit den eben erwähnten Forschungsreaktoren „Troitsk“ und „MBIR“ in Rußland und mit dem rumänischen FALCON / ALFRED-Reaktor in Europa eine absolut entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Atomreaktoren der vierten Generation. (Als „Kleine Modulare Atomreaktoren“ (=SMR) konzipiert, können diese dann industriell quasi „am Band“ produziert werden, sind – weil kleiner als normale AKWs – leichter zu transportieren und können in Modulbauweise wieder zu größeren Einheiten kombiniert werden.
Das Flüssigmetalllabor KALLA, - das zum Bereich Dr. Knebels gehört - ist nach Eigenauskunft ein „strategischer Focus-Punkt im Feld der Blei-Bismuth Technologien in Deutschland“, es finden Experimente für beschleuniger-getriebene Anwendungen (ADS) statt, sowie zu dem belgischen Atom-Forschungsreaktor MYRRHA. Forschungsziel sind Experimente zur „Auslegung von Komponenten für z.B. Neutronenquellen oder innovative Reaktorsysteme zur Transmutation...“ KALLA beinhaltet:
– Mehrere Flüssigmetallkreisläufe mit den Arbeitsmedien Blei, Blei-Wismut, Natrium und Indium-Gallium
– Versuche zu „Beheiztem Stab in zylindrischem Rohr“ finden statt, im Klartext bedeutet
dies: Dummyversuche zur Haltbarkeit von Rohrummantelungen, die auch Brennstab-
ummantelungen sein können.
– „Stabbündelkühlung mit Blei-Wismut“: Klartext: Dummyversuche zu Brennstabbündeln
im Reaktorkern [ 40 ] (www.iket.edu/580.php)
(Warum finden sich gerade im Atombereich des KIT so viele verschleiernde, ungenaue Formulierungen, die an strategisch gewollte Ambivalenzen denken lassen? Gerade auch die Begriffe „SMR“ und „Reaktor“ gehören dazu, weil sie oft in einem Kontext ohne präzise Atom-Benennungen verwendet werden, aber dennoch genau dafür stehen. Stattdessen werden für die Öffentlichkeit oft weitschweifige Umschreibungen oder nur unverständliche Abkürzungen verwendet...)
Warum wird nun am KIT ein Atom-Übervater wie Carlo Rubbia zum Bejubeln des KALLA-Flüssigmetalllabors eingeladen, noch dazu mit der fragwürdigen Technologie des Methan-Crackens, die auch als vorgeschobenes Feigenblatt dienen könnte, um den hochbrisanten atomaren „Nutzen“ des Kalla-Labors zu verdecken? Zumal Rubbia in den 1990er Jahren ein „thoriumbetriebenes, beschleunigergetriebenes System, das flüssiges Blei als Kühlmittel nutzt“, also einen atomaren Transmutationsreaktor entwickelte? Warum wird die hochriskante zweite Seite von KALLA verschwiegen? In der KIT-Pressemitteilung werden weder atomare Nutzungsmöglichkeiten für KALLA, noch die enorme Bedeutung für die internationale Atomindustrie genannt, geschweige denn mögliche Gefahren der Proliferation. Die Zeitleiste in Teil 2 zeigt jedoch u.a., in welchem internationalen atomaren Kontext die Nuklearkonzerne bereits Flüssigmetall-Technologien einsetzen oder einplanen können.
Immer noch werden entscheidende Informationen in der Presseabteilung des KIT weggelassen, die Berichterstattung auch der KIT Nuklear-Institute bei atomar relevanten Themen ist häufig unvollständig, intransparent, einseitig, verschleiernd, desinformierend und einer redlichen universitären Wissenschaft unwürdig.
Am KIT-Nord und besonders in den dortigen Nuklear-Instituten waren und sind seit vielen Jahren auch chinesische und russische (Gast-) Wissenschaftler beschäftigt, deren Wissenstransfer in ihre Heimatländer anscheinend niemand kontrolliert. Sowohl Russland als auch China versuchen massiv, Atomtechnik und Atom-Reaktoren in andere Länder, auch an Schwellen- und Entwicklungsländer, die bislang keine Reaktoren hatten, zu verkaufen. Auch instabile Staaten mit massiven Demokratiedefiziten, Menschenrechtsproblemen und hoher Korruption sind darunter, womit eine massiv erhöhte Terror- und Proliferationsgefahr einhergeht.
Die Internationale Atom-Energie-Organisation IAEO leistet dazu im Vorfeld durch Ausbildungs- und Lizenzierungsprogramme für atomare Neueinsteigerstaaten Vorschub und hat entsprechende Programme dazu aufgelegt. [ 3 ] Ein ausführlicher Überblick dazu, sowie von atombezogenen KIT-Veranstaltungen ist im untenstehenden Teil 2 zusammengestellt.
Trotz Energiewende und einiger guter neuer Projekte dazu finden am KIT immer noch höchst problematische Vorträge, Lehrveranstaltungen und Forschungsarbeiten statt, und zwar hauptsächlich am IKET, am INR und am INE, sowie an der am KIT-IKET angesiedelten AREVA-Nuclear-Schule, z. B.:
Institut für Neutronenphysik und Reaktortechnik (INR)
- Strömungssimulation eines bleigekühlten Kernreaktors (Prof. X. Cheng, Dr. X. Jin
- Innovative nukleare Systeme (darunter fällt auch die Vierte Generation von AKWs), Gen. III (z.B. Druckwasserreaktoren wie EPR)
- Entwicklung und Kopplung von Methoden auch zur (Atom-)Brennstabmechanik
- Untersuchungen zur Transmutation, Weiterentwicklung und Qualifizierung von Rechenprogrammen zu ihrer Auslegung
Institut für Kern- und Energietechnik (IKET)
AREVA-Nuclear-Schule (angesiedelt am IKET): einige Beispiele aus Kursinhalten 2015:
- Leichtwasserreaktoren: Kern-Design und Brennstoff- Management
- Strömungsmodellierung in Brennstoffanordnungen
- Siedewasserreaktoren: radiolytisches Gas- Management
- Simulation von schweren Unfällen in Flüssigmetall-Reaktoren
Der französische Staatskonzern AREVA ist weltweit tätig im AKW-Bau, in der Brennelemente
Entwicklung und im Uran-Bergbau. AREVA liefert auch Forschungs-Reaktoren mit einigen
dutzend Megawatt oder weniger. Sie werden für Schulungen oder kerntechnische Studien
gebaut oder für Länder, die Atomenergieprgramme planen. AREVA ist auch an Arbeiten zum
MYRRHA Forschungs-Reaktor beteiligt, er dient der Entwicklung von Transmutations-
Reaktoren. Zur Zeit läuft die Übernahme von AREVA durch den ebenfalls französischen
Staatskonzern EDF (=Electricité de France), die atomare Brennstoffsparte ist davon aber
ausgenommen.
Die Nuklearinstitute IKET, INR, INE und das Flüssigmetalllabor KALLA gehören zum Bereich des erst kürzlich wiederernannten Bereichsleiters Dr. Joachim Knebel, der seinen einzigen Professorentitel als „Honoris causa“ (= ehrenhalber) von der Universität St. Petersburg verliehen bekam. Knebel ist als Atomlobbyist bekannt, er war im Verwaltungsrat des Deutschen Atomforums (DAtF), Vorstandsmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG), und Vizepräsident der Europäischen Kerntechnischen Gesellschaft (ENS), um nur drei zu nennen.
Knebel war Angestellter am Institut für Reaktorbauelemente, dann Abteilungsleiter am Institut für Kern- und Energietechnik IKET. Er arbeitete am Forschungszentrum Karlsruhe u.a. an passiven Wärmeabfuhrsystemen für Leichtwasserreaktoren, (speziell Europäischen Druckwasserreaktoren, EPR), zu beschleunigergetriebenen Transmutationssystemen und am Flüssigmetall-Labor KALLA.
Wir, die wir diese Zusammenhänge aufgestellt haben, versuchen damit, die Maske einer unkontrollierten Forschungseinrichtung zu lüften. Dabei bleiben aber viele Fragen auch bei uns offen, weil wir die komplexen Beziehungen zwischen Instituten, Organisationen und Personen nicht immer eindeutig zuordnen können. Deshalb haben wir die noch unklaren Zusammenhänge als Fragen formuliert:
- Wofür genau bekam Dr. Knebel in 2013 den „Ehrenprofessor-Titel“ aus St. Petersburg verliehen? Welche konkreten „Verdienste“ aus seinem atomaren Berufsleben liegen dem zugrunde? Dazu machte die KIT-Presseabteilung leider keine näheren Angaben...
- Warum wird der Bereich drei des KIT, zu dem Maschinenbau-, Elektrotechnik- und die Nuklear-Institute des KIT gehören, nicht von einem wirklich unabhängigen Professor geleitet, der einen „richtigen“, d.h. akademisch relevanten Professorentitel vorweisen kann? Fehlte da sonst evtl. der lobbyistische Hintergrund?
- Warum leitet Knebel nach seiner kürzlich erfolgten erneuten Ernennung zum Bereichsleiter diesen gerade für die Energiewende so wichtigen Teil des KIT nun wieder für weitere 5 Jahre, vor allem, da die oben beschriebenen und ihm zugeordneten Institute und Einrichtungen wie IKET, INR, IFRT, AREVA-Nuklear-Schule, KALLA-Flüssigmetalllabor offensichtlich so massiv weiter im Dienste der Atomwirtschaft agieren?
- Welche Rolle spielt KALLA für die vierte Generation AKWs, insbesondere im Hinblick auf das rumänische Projekt FALCON? Gibt es dazu konkrete oder geplante Kooperationen des KIT?
- Gab oder gibt es Kooperationen des KIT bzw. KALLA mit Rußland, insbesondere zu den russischen Forschungsreaktor-Projekten MBIR und Troitsk?
- Gab oder gibt es Kooperationen des KIT oder einzelner Wissenschaftler des KIT mit ROSATOM oder einer der Tochterfirmen?
- Welche Länder haben durch ihre Wissenschaftler Zugang bzw. Forschungsmöglichkeiten am KALLA-Labor?
- Wie wird der Austausch / Wissenstransfer russischer und chinesischer Gastwissenschaftler des KIT mit ihren Heimatländern kontrolliert?
- Haben Wissenschaftler oder Studenten aus atomaren Neueinsteiger-Ländern Zugang zur Forschung von Nuklear-Instituten des KIT-Nord, bzw. deren Lehrveranstaltungen?
- Gibt es bereits Patente oder Lizenzen des KIT, die für Atomkonzerne von Interesse sind, oder werden diese angestrebt?
- Welchen Anteil hat das KIT über die bereits genannten Veranstaltungen hinaus an der in der Zeitleiste in Teil 2 dargestellten internationalen Entwicklung? Bestehen konkrete Projekte zu atomaren Kleinen Modularen Reaktor-Technologien (SMR), bzw. welche Institute sind daran beteiligt?
- Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit von Nuklear-Instituten des KIT und dem Institut für Transurane (ITU) am KIT-Nord? Letzteres beschäftigt sich intensiv mit der Zusammensetzung von Brennstoffen der Vierten Generation von AKWs.
Weder vom Präsidium, noch von der KIT-Ethikkommission, noch von der KIT-Technikfolgen-Abschätzung, die auch ein eigenes Büro zur Politikberatung am deutschen Bundestag betreibt (TAB), scheinen diese gravierenden Zusammenhänge bislang wahrgenommen worden zu sein. Das gleiche gilt für die steuernzahlende Öffentlichkeit und die Bundes-oder Landesregierung, denn es war hierzu bisher nichts zu vernehmen
Die wichtigste Frage jedoch lautet: Wie soll verhindert werden, dass weiterhin „Verwertbares“ für die internationale Atomwirtschaft mit deutschen Steuergeldern entsteht? Haben die politisch Verantwortlichen aus den Proliferationsvorwürfen aus den 1980er Jahren gegen das ehemalige Kernforschungszentrum Karlsruhe (heute KIT-Nord) nichts gelernt, denn dessen heutige Zusammenarbeit u.a. mit der Internationalen Atomorganisation IAEO, AREVA und Westinghouse kann atomare Neueinsteiger-Länder bei Aktivitäten zum Bau von Atomkraftwerken unterstützen. Werden CANDU -Reaktoren gebaut, ist auch die Möglichkeit der Produktion von Waffen-Plutonium gegeben. Weltweit gehören zu den (sich in unterschiedlichen Stadien befindlichen) Neueinsteigerstaaten Länder wie: Weissrußland, Türkei, Aserbaidschan, Jordanien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten, Nigeria, Vietnam, Bangladesh, Bolivien, Peru, Ecuador, Kuba.
Wollen diese Länder, die für regenerative Energien meist wesentlich geeigneter wären und darin ihre Zukunft hätten, wirklich nur die sogenannte „friedliche Nutzung der Atomenergie“?
Zu jeder stolzen Präsentation von Drittmitteln des KIT, sowie zu jeder gefeierten „Grundlagen- oder Sicherheitsforschung“ gehört der Transparenz halber die nachvollziehbare Aufschlüsselung gegenüber der Öffentlichkeit, ob und wieviel davon z.B. auf Firmen wie AREVA und Westinghouse entfällt, und zu welchen evtl. höchst problematischen Projekten Kooperationen mit anderen Ländern bestehen. Gleiches gilt für Dual Use – oder militärisch relevante Themen.
All die schönen Worte und Hochglanz-Broschüren des KIT über Transparenz etc. – was sind sie wert? Es gibt bis heute kein öffentlich einsehbares Verzeichnis über Drittmittel oder sonstige Zuwendungen der Atom- oder Rüstungsindustrie an das KIT, ebensowenig wie es öffentlich nahvollziehbare und vollständige Listen mit Projektbeschreibungen und Kooperationen auch internationaler Atom- und Rüstungsfirmen gibt. Stattdessen werden bestimmte Formulierungen im atomaren Bereich offensichtlich verschleiernd gewählt oder bestimmte Fakten gleich ganz weggelassen...
Ist den Verantwortlichen in Ministerien und am KIT eigentlich klar, in welch hochgefährlichem und brisantem internationalen Kontext sich die sogenannte „Sicherheits- und Grundlagenforschung“ des KIT abspielt? Ist allen Beteiligten wirklich klar, in welchem Umfang die interessierten, gierigen und nur profitorientierten Kreise der weltweit agierenden Atomkonzerne wie AREVA, Westinghouse und ROSATOM von den direkten Ergebnissen oder Synergien der KIT-Atomforschung profitieren können? Und all dies geschieht angesichts der weltweit zunehmenden Krisenherde und Terrorgefahren. Too big to control?
Es drängt sich mehr und mehr der Verdacht auf, als sei der eigentliche Zweck der KIT-Gründung der gewesen, das frühere Kernforschungszentrum wieder salonfähig zu machen und unter Vereinnahmung universitärer Strukturen und Ressourcen eine Renaissance der Kernenergie herbeizuführen. Warum sonst wäre „Greenwashing durch Atom-Gurus“ nötig?