Atom und Gas werden als „nachhaltige Energien“ eingestuft!
Investitionen in Atom & Fossile als „klimafreundlich“ gefördert!

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(Flugblatt-download als *.pdf) Im Juli 2022 hat das EU-Parlament die neue Taxonomie ab 2023 beschlossen. Diese stellt faktisch einen großen Rückschritt beim Erreichen der Umwelt- und Klimaziele dar. Bereits jetzt hinken viele Länder – darunter die gesamte EU - hinter den gesteckten Zielen zum Klimaschutz hinterher. Die rasche, weitere Energiewende in der EU wird mit der Förderung von Investitionen in Atom- und Gaskraftwerke als „green deal“ drastisch ausgebremst werden.
Wie kam es zu dieser fatale Entwicklung in der Energiepolitik?

Jahrelange Verhandlungen der EU-Kommission im Vorfeld
Frankreich bestand dabei darauf, dass Atomkraft als nachhaltig eingestuft werden. Dies sollte die als Voraussetzung für den weiteren AKW-Betrieb und die Chance auf Förderung für die Instandhaltungen und den Bau neuer AKWs sein. Diese atomare AKW-Struktur mit der Uran-Anreicherung und dem Plutonium ist die Voraussetzung für den militärischen Bereich mit Atombombe, Atom-U-Booten, Atom-Flugzeugträger usw., sowohl in Frankreich als auch allen Atombomben-Nationen weltweit.

Deutschland hat darauf bestanden, dass Gas als nachhaltig eingestuft wird. Dies geschah vordergründig mit dem Argument, neue Gaskraftwerke als „Übergang“ zur Energiewende zu benötigen. Bereits jetzt ist klar, dass mit einer Milliarden-Förderung der bis zu 12 Flüssiggas-Terminals und der 40-Milliarden-Förderung von Wasserstoff (auch aus Chile, Kanada und Afrika) eine neue fossile, große Infrastruktur für Jahrzehnte aufgebaut wird. Dies geschieht ganz im Sinne der bisherigen fossilen Energiekonzerne, die von den Milliarden-Förderungen direkt profitieren. Damit wird die rasche weitere regenerative und dezentrale Energiewende in Deutschland – entgegen aller Beteuerungen der Ampel-Regierung - massiv ausgebremst und Klimaschutz verhindert.

Darüber hinaus lehnen einige osteuropäische Länder die Energiewende ab und bestehen darauf, dass Kohlekraftwerke noch jahrelang, und danach neue Gaskraftwerke gefördert werden. Außerdem soll Atomkraft als nachhaltig eingestuft werden. Denn Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien usw. können ihre AKW-Neubaupläne nur realisieren, wenn Milliarden-Investitionen vom Finanzmarkt für „grüne Technologie“ fließen. Heutzutage baut kein Unternehmen mehr teure AKWs ohne staatliche Hilfen und Absicherungen.

Eigentliche Ziele der EU-Taxonomie
Die Taxonomie ist ein Gesetz der EU. Es legt fest, welche Wirtschaftstätigkeiten und Technologien als „grün“ oder „nachhaltig“ bezeichnet werden dürfen. Die EU-Taxonomie soll ein Klassifikationssystem sein, um mehr Geld in nachhaltige Technologien und Unternehmen zu lenken. Für Unternehmen ist sie relevant, da durch sie Investitionsentscheidungen von Anlegern beeinflusst werden sollen. Damit soll erreicht werden, dass rasch in klimafreundliche Technologien investiert wird und eine Senkung der CO2-Emissionen sowie ein effektiver Klimaschutz stattfindet.
Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sind Milliarden-Investitionen von öffentlicher Hand und in Unternehmen mitökologisch nachhaltigen Aktivitäten notwendig. Statt ausschließlich die rasche, weitere Energiewende zu fördern, können jetzt aber in der EU auch Investitionen in Erdgas- oder Atomkraftwerke mit dem Label „nachhaltig“ eingestuft und so beworben und bewertet werden.
Zukünftig profitieren somit auch Gas- und Atomkraftwerke von Investitionen in Klimafonds, ohne Offenlegung!

Überalterung der AKWs , Laufzeitverlängerungen, Neubaupläne und die Finanzierungsprobleme
Seit Tschernobyl 1986 wurden in Europa nur 8 neue AKWs in Betrieb genommen. An den Folgen des Super-GAUs und der radioaktiven Strahlung über ganz Europa sind tausende Menschen erkrankt und an den Folgen gestorben. Damals waren in Europa 177 AKWs in Betrieb, heute sind es (mit England) noch 106.
Fast alle haben die sog. Regellaufzeit von 30 Jahren längst überschritten. Von den 55 AKWs in Frankreich sind 22 bereits über 42 Jahre am Netz und weitere 19 AKWs über 37 Jahre. Der Atomkonzern EdF ist mit 60 Milliarden Euro verschuldet, ihm fehlt das notwendige Geld für Instandhaltungen und Reparaturen. Nicht zu schweigen von dem fehlenden Geld für die von Macron verkündeten bis zu sechs neu zu bauenden AKWs bis 2039.
Von den 27 EU-Staaten haben nur 12 Staaten Atomkraftwerke in Betrieb und überall besteht das Problem der Überalterung der AKW. Die Schweiz und Belgien haben Laufzeitverlängerungen mit 60 Jahren beschlossen, Frankreich trotz gravierender Sicherheitsprobleme in den alten AKWs dito mit 50 Jahren. Und in allen Ländern ist das Problem der langfristigen Lagerung des hochradioaktiven Atommülls vollkommen ungeklärt.
AKW-Neubauten: alle drei vor bis zu 18 Jahren begonnenen Neubauprojekten mit dem EPR-Reaktor in Europa (Finnland, Frankreich) haben große technische und zeitliche Probleme. Die Baukosten sind auf das 4-fache der ursprünglichen Planungen explodiert.
Jetzt sollen mit Hilfe des „grünen Label“ für Atom und Gas Milliarden an Geldern aus der EU und den Finanzmärkten umgelenkt werden, um die finanziellen Probleme im atomaren Bereich zu lindern.
Atomkraft forever!?

Verhandlungen zur Umsetzung der Förderung von Atom- und Gaskraftwerken
Die neue Taxonomie gilt seit Januar 2023. Über die Art und Weise der Umsetzung, also wie die Förderung dann konkret nationalstaatlich umgesetzt werden kann, laufen die Verhandlungen noch. Viele Länder versuchen, für sich Sonderregelungen durchzusetzen: Frankreich für seine Atomkraftwerke, Deutschland für neue Gaskraftwerke, einige osteuropäische Länder wollen noch längere Subventionen für ihre Kohlekraftwerke und dann für neue Gas- und Atomkraftwerke.

Die französische Regierung als Besitzer von EdF und somit der 55 AKWs wollte über staatlich festgelegte, niedere Strompreise und mit Subventionen über die Differenz zu den höheren Marktpreisen die Förderung der AKWs erreichen. Die jetzt festgelegte Regelung genehmigt dies auf einem Umweg über Differenzverträge. Diese sollen zukünftig die für alle Staaten geltende verbindliche „Marktregelung“ für Strompreise sein. Also sowohl für Atom, fossile Energien und erneuerbaren Strom.

Was bedeutet diese Regelung?
Die Reform zielt darauf ab, dass an den Strommärkten die Stromabnahmeverträge (PPAs) ausschließlich als Differenzverträge (CfD) verpflichtend werden. Nach dem Willen des Rates soll die staatliche Subventionierung neuer Erzeugungsanlagen über Differenzverträge obligatorisch werden und die existierenden garantierten Einspeisevergütungen ablösen. Differenzverträge (Contracts for Difference – CfD) sind langfristige Verträge, die einen Abnahme-Preis für den Strom aus der Anlage festlegen. Liegt der Marktpreis darunter, subventioniert der Staat die Differenz. Liegt der Marktpreis darüber, schöpft der Staat die Differenz ab. Auf diese Weise erhält der Staat in Zeiten höherer Preise automatisch die Übergewinne in die Staatskasse.

Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien soll zukünftig verpflichtend über Differenzverträge gefördert werden
Damit findet ein drastischer Eingriff in die bisherigen Regelungen mit den Einspeisevergütungen für erneuerbaren Strom statt, indem diese dann auch vollumfänglich den Marktpreisregelungen unterworfen werden. Dies widerspricht der Zielsetzung, genau davon unabhängig zu werden, dass heute das am teuersten produzierende fossile Kraftwerk den Marktpreis bestimmt.
Ebenso widerspricht dies dem Umstand, dass erneuerbare Anlagen deutlich günstiger Strom produzieren und Erzeuger und Verbraucher davon auch Vorteile haben müssen. Die weitere regenerative Energiewende hat eine dezentrale Erzeugungs- Verteil- und Verbrauchsstruktur, welche weitgehend unabhängig von den bisherigen monopolartigen Konzernen und deren Geschäftsmodellen ist. Strom und Wärme müssen unabhängig von diesen Strukturen erzeugt und weitergegeben werden können – so zum Beispiel bei regionalen und kommunalen Erzeugungs- und Verteilstrukturen über Quartierslösungen.
Eine Förderung von klimafreundlichen erneuerbaren Anlagen muss auch zukünftig ohne eine Regelung nur über Differenzverträge möglich sein!

Atom, Fossile und die weitere Energiewende – es ist noch lange nicht vorbei!
Die neue ab 2023 geltende EU-Taxonomie mit dem „grünen Label“ für Atom und Gas verhindert die rasche weitere notwendige Energiewende in ganz Europa. Sie bremst den weiteren Zubau von neuen Energiewende-Anlagen aus; sie fördert Investitionen in fossile Kraftwerke und in bestehende und neue Atomkraftwerke. Auch Länder ohne AKWs wollen nun welche bauen. Und Länder, die einen Atomausstieg beschlossen haben, planen mit den neuen Finanzhilfen wieder AKWs zu bauen.
Die Gefahr durch Atomkraftwerke mit den beschlossenen Laufzeitverlängerungen und die Gefahr durch neue, welche viele Jahrzehnte eine radioaktive, gesundheitliche Gefahr darstellen, wird damit in Europa drastisch erhöht, weiterer Atommüll produziert und das ungelöste hochradioaktive Atommüllproblem verschärft.

Das EU-Ziel, bis 2030 die Treibhausgase um 55% zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden, wird so vollkommen unrealistisch!
Diese Taxonomie und deren nationalstaatliche Umsetzung muss gekippt werden!