Radio-Tip - SWR2 Feature, 30.04.: Aus den Augen, aus dem Sinn
(SWR2.de, April 2014) Die Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland beginnt wieder von vorne. Im Geheimen wurde bereits nach Optionen im Ausland gesucht, auch in Russland. Obwohl der Export offiziell politisch nicht erwünscht ist - Spuren gibt es dennoch: Vertrauliche Kostenpläne eines deutschen Energiekonzerns, die Ersparnisse durch den Export aufzeigen, russische Ministeriums- papiere, die mit den zahlungskräftigen Kunden aus Deutschland kalkulieren. Das Feature folgt diesen Spuren in Deutschland und Russland. Sie führen bis an den Zaun der geschlossenen Stadt Krasnojarsk-26, einem Zentrum der russischen Atomindustrie und in die Vorstandsetage der deutschen EnBW in Karlsruhe.
SWR2, 30.04., 22:03 Uhr | DLF, 06.05., 19:15 Uhr - Audio/Blog/Script beim SWR
Aus der SWR-Presse-Info:
Die Spurensuche nach russisch-deutschen Atomgeschäften
Von Laura Döing und Olga Kapustina
Im Februar 2013 lesen wir einen Zeitungsartikel, dessen Inhalt uns ein Jahr nicht loslassen wird: „Krasnojarsk statt Gorleben". Der SZ - Artikel beschreibt Pläne, nach denen die EnBW deutschen Atommüll in Russland entsorgen wollte. Der Zufall will, dass wir ein paar Tage danach eine russische Umweltaktivistin treffen. Sie ist nach Deutschland gekommen, um zu berichten, wie in ihrer sibirischen Heimat deutsches abgereichertes Uran gelagert wird.
Das macht uns neugierig: Wir wollen herausfinden, was dran ist an den russisch - deutschen Atommüll-Geschäften und machen uns auf die Suche. Wir recherchieren in Deutschland und Russland - ein Jahr lang, führen rund 40 Interviews, legen fast 15.000 Kilometer zurück. An Informationen zu kommen, ist schwierig. Das hatten wir nicht anders erwartet. Weder in Deutschland noch in Russland reden Unternehmen gerne über ihre geschäftlichen Kontakte ins jeweils andere Land.
Womit wir nicht gerechnet hatten, sind die Versuche, uns durch Vergünstigungen und offenen Einschüchterungen in unserer Berichterstattung zu beeinflussen. So erhalten wir am Abend vor dem Interview mit einem Abteilungsleiter von Rosatom einen Anruf von einem Mitarbeiter, der uns davor warnt, von den vereinbarten Fragen abzuweichen.
Unsere dreiwöchige Russlandrecherche hat uns von Sankt Petersburg über Moskau nach Sibirien geführt, wo wir an den Toren der geschlossenen Stadt Schelesnogorsk und am Ufer des tiefsten Sees der Welt, dem Baikalsee, recherchieren. Wir besuchen eine Atommüll-Fabrik in der Nähe von Moskau und lernen mutige Aktivisten kennen, die sich gegen den Ausbau der Kernkraft in ihrem Land wehren. Auch mit Geschäftsführern großer Nuklearfirmen und Politikern sprechen wir. Und zuletzt treffen wir den wichtigsten Strippenzieher der deutsch-russischen Energiegeschäfte in einem Luxus-Hotel bei Moskau: Andrey Bykov. In einem Vorgespräch gibt er bereitwillig Auskunft - zum eigentlichen Interview am nächsten Tag erscheint er nicht. Er sei plötzlich erkrankt, läßt er mitteilen.
Trotz aller Schwierigkeiten: Nach und nach, Puzzleteil für Puzzleteil, setzen sich unsere Rechercheergebnisse aus Russland und Deutschland zu einem Gesamtbild der bilateralen Atomgeschäfte zusammen.
Mittwoch, 30.4.2014, 22.05 Uhr
Aus den Augen, aus dem Sinn
Deutscher Atommüll in Russland
Von Laura Döing und Olga Kapustina
(Produktion: SWR/WDR/DLF)