Liebe Atomkraftgegner*innen, liebe Energiewender*innen,
„Windrad- Sonntagsspaziergang“ Ingersheim am 03. April um 14 Uhr
Direkt am Windrad gibt es nur wenige Parkmöglichkeiten, deshalb bildet Fahrgemeinschaften. Noch besser parkt in Ingersheim am Holderfriedhof und kommt zu Fuß (Kleiningersheimer Str., 1 km Fußweg zum Windrad, Karte).
Der Vorstand der Energiegenossenschaft stellt das Windrad Ingersheim vor und in unserem Redebeitrag vom Aktionsbündnis geht es um aktuelle energiepolitische Themen.
Zubau der Windräder in Deutschland und Baden-Württemberg
Ende 2021 gab es insg. 28.300 Windräder an Land in Deutschland. Die installierte Leistung beträgt 56.130 MW und der erzeugte Nettostromanteil mit Wind lag bei 23%, alle Erneuerbaren bei 46%.
In Baden-Württemberg gibt es 781 Windräder, neu gebaut wurden 2021 allerdings nur 28. Dass, wie angekündigt, Ba-Wü ein „international vorbildliches Klimaschutzland“ wird, lässt noch auf sich warten. Rheinland-Pfalz hat mit 1747 Windrädern fast 1000 mehr, auch Bayern und Hessen liegen mit jeweils über 1100 deutlich vor Ba-Wü. Spitzenreiter ist Niedersachsen mit über 6.000, Brandenburg mit über 3900 und NRW mit 3500 Anlagen.
Wie war die Entwicklung des Zubaus der Windkraft in Deutschland?
Jetzt wird es spannend: von 2007 bis 2013 wurden jeweils zwischen 750 und 1150 neue Anlagen zugebaut. In den Jahren 2014 bis 2017 jedoch bis zu 1800 neue Anlagen jährlich und dies mit deutlich höheren Leistungen wie zuvor. Ab 2018 ging es rapide bergab mit nur noch 743 und 2019 nur noch 325 Anlagen. Warum?
Weil den Energiekonzerne weniger als 6% der Energiewende-Anlagen gehören. Weil sie massiv politisch interveniert haben und weil deshalb seit Januar 2017 drastische Ausbremsregelungen für Erneuerbare zu Gunsten der fossilen umweltschädlichen, sich in Konzernbesitz befindlichen Kraftwerke, gelten. Seitdem gilt ein Ausschreibungszwang für jedes Windrad/Windpark und es gibt eine jährliche Deckelung des Zubaus, statt durchzustarten mit der Energiewende. So wurde der weitere Energiewende-Zubau abgewürgt!
Und wie sieht es bei der Photovoltaik aus?: Auch hier gab es von 2009 bis 2013 einen jährlichen Zubau von bis zu 7600 MW. Dann wurden kurzfristig mehrmals die Einspeisevergütungen gesenkt, und damit jede Planungssicherheit genommen. Auch hier gilt seit 2017 der Ausschreibungszwang für größere Anlagen und die jährliche Deckelung. Die Einspeisevergütung ist seit Jahren nicht mehr kostendeckend und der Zubau bei der PV versiegte ebenfalls in die Bedeutungslosigkeit.
Putins Krieg in der Ukraine und weitere Energiewende in Europa
Die politische Entwicklung in Russland, wo seit Jahren staatsunabhängige und kritische Organisationen/Presse verboten und verfolgt werden, wurde von vielen Regierungen in Europa ignoriert. Putin und sein Außenminister behaupten jetzt sogar, sie führen gar keinen Krieg gegen die Ukraine, sondern es geht um „eine militärische Operation“ um die Ukraine zu „Entnazifizieren“. Wer in Russland das Wort „Krieg“ benutzt und dagegen protestiert wird verfolgt und mit bis zu 15 Jahren Straflager bedroht.
Europa bezieht 45% seines Gasbedarfs, Deutschland sogar 55% und 35% des Öls aus Russland. Im Jahr 2005 wurde Nord Stream 1 in Betrieb genommen und trotz aller Warnungen noch Nord Stream 2 gebaut. Mit den Einnahmen aus den Energieexporten finanziert Putin seine Politik, seine Aufrüstung und den Krieg.
Dieser Krieg hat dazu geführt, dass in Deutschland eine 100 Milliarden Aufrüstung der Bundeswehr beschlossen wurde, die Verlängerung von AKW-Laufzeiten debattiert und der Kohleausstieg bis 2030 in Frage gestellt wird. Und außerdem soll statt russischem Gas zukünftig Flüssiggas in „langfristigen Partnerschaften“ eingekauft werden, dies aus undemokratischen Staaten, und umweltschädliches Fracking-Gas aus den USA.
Jetzt formieren sich alle Gegner*innen der Energiewende neu und wollen die langfristige weitere Nutzung von Atom, Kohle, Gas und Öl in Deutschland und europaweit durchsetzen. Der dringend notwendige Klimaschutz und die rasche weitere Energiewende sollen vertagt werden. Um wie angekündigt bis 2045 auf europäischer Ebene klimaneutral zu werden, verbleiben gerade mal noch gut 20 Jahre. Es muss jetzt gehandelt werden!
Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung sich noch für die langfristige Nutzung von Gas als sog. Brückentechnologie eingesetzt. Sie hat sich dafür ausgesprochen, sogar neue Gaskraftwerke zu bauen und statt Kohle dann Gas einzusetzen. Als Brückentechnologie zur weiteren Energiewende sind nur regionale, kleine fossile Kraftwerke als Ersatz für Erneuerbare notwendig. Je höher der Zubau Erneuerbarer, desto geringer der Ersatzbedarf! Es darf keine langfristige Nutzung großer, fossiler Kraftwerke mehr geben. Die Ampel-Regierung muss sich jetzt erst Recht auf europäischer Ebene für eine rasche Energiewende mit Erneuerbaren, weg von den Fossilen, einsetzen. Die EU-Taxonomie muss in diesem Sinne neu verhandelt werden!
Neue Planungen zur Energiewende durch EEG 2023
Jetzt liegt ein Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium für Änderungen im Erneuerbaren Energien-Gesetz (EEG) für 2023 vor, der jetzt noch mit anderen Ministerien abgestimmt, also eher verschlechtert statt verbessert wird.
Hier ein erster Überblick dazu:
- die Ziele beim Zubau von neuen Anlagen werden im Vergleich zum Ist-Stand deutlich erhöht, sind jedoch insgesamt bis 2035 und 2045 bei Wind an Land und Photovoltaik immer noch viel zu niedrig.
- bis 2035 soll die Stromerzeugung „nahezu vollständig“ Erneuerbar erfolgen, bis 2030 zu 80%. Es soll der Grundsatz verankert werden, dass die Erneuerbaren im „überragenden öffentlichen Interesse liegen“.
- Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie beim Natur- und Artenschutz sollen abgebaut werden.
- es soll bei Photovoltaik unterschiedliche Einspeisevergütungen geben, je nach Größe und Art der Anlage. Diese sind jedoch viel zu niedrig und stellen nur begrenzt einen Zubau-Anreiz dar.
- bei der PV soll nach wie vor der Eigenverbrauch und die gleichzeitige Einspeisung mit niederen Sätzen „bestraft“ werden, also ein bestehendes Hemmnis für den PV-Zubau auf großen Dachflächen fortgeführt werden.
- die jährliche Deckelung und der Ausschreibungszwang für Windräder und große Photovoltaik-Anlagen soll bestehen bleiben, statt voll mit Erneuerbaren Neuanlagen durchzustarten.
- Wind und Solaranlagen von Bürgerenergiegenossenschaften werden von den Ausschreibungen ausgenommen, jedoch sollen diese nur mit großen zeitlichen Abständen weitere neue Anlagen errichten können.
- die Regelungen für den Mieterstrom sind vollkommen unzureichend.
- die Förderung von Speichertechnologien fehlt fast vollständig.
Fazit: Die geplante Erhöhung des Zubaus von neuen Anlagen ist positiv. Das Hemmnis jährlicher Deckelung und der Ausschreibungszwang muss jedoch entfallen. Bei Strom und Wärme müssen alle technisch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit Wind und Sonne ohne weitere Einschränkungen genutzt werden können, die Weitergabe an Dritte unbürokratisch möglich sein. Wir benötigen sog. Quartiers- statt Einzellösungen. Die Sektorenkopplung bei Strom und Wärme muss rasch fortgeführt und unterstützt werden. Als Ergänzung sind Speichertechnologien notwendig, die gefördert werden müssen.
Wind an Land und PV sind die Träger der Energiewende. Mit einem sofortigen Zubau bei Photovoltaik und Solarthermie kann noch in diesem Jahr das Einsparen von Fossilen begonnen und jährlich hochgefahren werden, die Hemmnisse beim Wind sofort beseitigt und ebenfalls durchgestartet werden.
Die Bundesregierung muss zusammen mit den Ländern mit einem Masterplan noch in diesem Jahr die weitere Energiewende starten. Sie muss den Kommunen die notwendigen Voraussetzungen für die weitere Energiewende auf regionaler Ebene bei Strom und Wärme geben. Und sie muss sich auf europäischer Ebene für den Ausstieg aus Atom und Fossilen einsetzen und verbindliche Regelungen für eine Energiewende bis 2045 einfordern.
Bleibt aktiv gegen Atom und für die rasche, weitere Energiewende.
Wir haben als Aktionsbündnis einen Energiewende-Flyer, siehe Homepage.
Bitte bei uns kostenlos anfordern, auslegen und verteilen!
Beste Anti-AKW- & Energiewende-Grüße
vom Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim