Ludwigsburger Kreiszeitung, 29.11.06

> Streit über Sicherheit von Neckarwestheim
> Keine Materialproben mehr im Atomreaktor

Neckarwestheim - (pro) Die Haltbarkeit der beiden Reaktordruckbehälter
des Atomkraftwerks Neckarwestheim kann künftig nicht mehr durch aktuelle
Materialproben überprüft werden.

Wie Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) dem Bietigheim-
Bissinger Grünen-Landtagsabgeordneten Franz Untersteller bestätigte,
wurde die letzte Materialprobe im Sommer bei Revisionsarbeiten aus dein
Kraftwerksblock GKN II entnommen.
Atomkraftgegner kritisieren, dass die tatsächliche Materialermüdung der
Reaktoren somit nicht mehr kontrollierbar sei. Die Neckarwestheimer
Meiler würden daher "im Blindflug" gefahren. Dagegen hebt Gönner hervor,
dass alle bisher ausgewerteten Proben die Sicherheit des Atomkraftwerks
Neckarwestheim bestätigt hätten. Seite 12

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Neu entfacht ist der Streit um die Sicherheit des Atomkraftwerks
Neckarwestheim. Archivbild: Alfred Drossel

> Gegenwind für die EnBW
> Atomkraftgegner machen gegen längere GKN-Laufzeit mobil

NECKARWESTHEM. Ein neues "Sicherheitsdefizit" machen Atomkraftgegner im
Atommeiler Neckarwestheim aus. Dagegen meint Umweltministerin Tanja
Gönner (CDU), die Sicherheit der beiden Reaktoren sei "nachgewiesen".

VON STEFFEN PROSS

Noch vor Jahresende will Betreiber EnBW - unterstützt von der
Landesregierung - bekanntlich eine längere Laufzeit für den älteren
Neckarwestheimer Kraftwerksblock GKN I beantragen. Dass damit die Frage
nach der verbleibenden "Lebenserwartung" des Reaktors neu gestellt wird,
überrascht nicht. Doch er-hält sie unerwartete Brisanz.
Denn Gönner ließ den Bietigheimer Grünen-Landtagsabgeordneten Franz
Untersteller jetzt wissen, dass sich in beiden Neckarwestheimer Reaktoren
keine Materialproben mehr befinden, die eine aktuelle Überprüfung der
Versprödung der Druckbehälter durch Radioaktivität er-möglichen würden:
Im älteren Block GKN I wurde die letzte Probe bereits 1984 entnommen, in
GKN II in diesem Sommer.
Für Atomkraftgegner ist damit klar: Die tatsächliche Materialermüdung der
Druckbehälter sei fortan nicht mehrüberprüfbar, die baden-
württembergische Atomaufsicht verlasse sich auf bloße Hochrechnungen. Die
Neckarwestheimer Meiler würden mithin "im Blindflug" gefahren, GKN I
sogar schon seit 22 Jahren, kritisieren der Bund der Bürgerinitiativen
Mittlerer Neckar und das Aktionsbündnis Castor-Widerstand das Stuttgarter
"Weihnachtsgeschenk" an EnBW. Eine Laufzeitverlängerung für GKN I komme
angesichts der neuen "Sicherheitsdefizite" erst recht nicht in Frage.
Ganz anders stellt Tanja Gönner den Fall in ihrem Brief an Untersteller
dar: Die vier bisher ausgewerteten Materialproben aus Neckarwestheim
belegten die Sicherheit der Anlage, ein - zum "Gau" führender - Bruch der
Reaktorbehälter sei somit auszuschließen. Der inzwischen 30 Jahre alte
Kraftwerksblock I könnte "ohne weitere Maßnahmen" noch 40 Jahre, der 1988
in Betrieb genommene Block GKN II gar noch über 100 Jahre sicher
betrieben werden. `


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> Gretchenfrage Materialermüdung

Neben der ungelösten Frage der Endlagerung des Atommülls steht die nach
der Lebensdauer der Reaktoren im Zentrum der Debatte um die Sicherheit
der Atomkraft. Denn die Reaktordruckbehälter sind ständiger
Neutronenbestrahlung ausgesetzt, was zur Versprödung des Materials führt.
Um zu überprüfen, ob die vorausberechnete "Lebenserwartung" des Materials
dessen tat-sächlicher Ermüdung entspricht, werden Proben in die
Reaktorblöcke gehängt, die durch ihre Anordnung einer höheren Bestrahlung
ausgesetzt sind als die Reaktor-wand. Durch die Auswertung dieser Proben
sollen dann "sichere" Gesamtlaufzeiten für die Reaktoren hochgerechnet
werden.
Während Atomkraftgegner darauf verweisen, dass etwa beim abgeschalteten
Atomkraftwerk Stade die Materialermüdung schneller erfolgt sei als
angenommen, gehen Befürworter der Kernenergie davon aus, dass eine
geschickte Beladung der Reaktoren deren Lebensdauer erheblich verlängert.
(pro)

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Info-tel 07141 / 903363
http://neckarwestheim.antiatom.net



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