[abc] Großer Wirbel um angeblichen Schrottbeton
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Heilbronner Stimme
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Heilbronn/Stuttgart - Viele hochkarätige Baustellen zwischen Stuttgart
und Heilbronn hat Godel-Beton in den vergangenen Jahren beliefert.
Ehemalige Mitarbeiter erheben gegenüber Medien nun massive Vorwürfe über
den Einsatz von minderwertigem Beton. Betroffen könnten demnach auch die
ECE-Stadtgalerie und die Klosterhofbaustelle in Heilbronn sein, die
Museen der Autokonzerne Mercedes-Benz und Porsche sowie die neue Messe in
Stuttgart. Besonders großen Wirbel gibt es aber um das Zwischenlager im
Kernkraftwerk Neckarwestheim (GKN), wo die mittelständische Firma 35 000
Tonnen Beton verbaute.
Vom "Schrottbeton" soll das Mercedes-Benz-Museum betroffen sein.
Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wurde im August 2007 eingeschaltet,
allerdings von der Steuerfahndung. Man ermittelt "unter anderem wegen
Betrugsverdachts". Der Firmensprecher weist die jüngsten Vorwürfe
vehement zurück: "Bei uns wird und wurde kein minderwertiger Beton
hergestellt, verarbeitet und verkauft."
Haltbarkeit
Die Schlagzeile vom "Schrottbeton im Kernkraftwerk" hat gestern die
Atomaufsicht und die Politik aufgeschreckt. Ist die sichere Unterbringung
der Castoren gefährdet? Ein ehemaliger Mischmeister der in Stuttgart
ansässigen Godel-Beton behauptete gegenüber der "Süddeutschen Zeitung",
der minderwertige Beton habe eine erheblich verkürzte Haltbarkeit: "Es
drohen teure Sanierungen oder sogar die Abrissbirne". Ein
Bausachverständiger kommt sogar zu dem Schluss, solcher Schrottbeton
halte statt der üblichen 50 Jahre nur 17 bis maximal 25 Jahre.
Das Atommülllager von Neckarwestheim.Foto: Andreas Veigel
Das für die Atomaufsicht zuständige Umweltministerium in Stuttgart hat
"keine Hinweise auf minderwertigen Beton gefunden". Vorgeschrieben seien
eine Probe je 100 Kubikmeter Beton, tatsächlich seien unter Beteiligung
neutraler Sachverständiger doppelt so viele gezogen worden. Das
Ministerium gab gestern, nach einer kurzfristig angesetzten Nachprüfung,
Entwarnung: "Nach derzeitiger Faktenlage gehen wir davon aus, dass beim
Zwischenlager kein minderwertiger Beton verbaut wurde".
Keine Hinweise
Auch GKN-Betreiber EnBW "liegen keinerlei Erkenntnisse auf minderwertigen
Beton vor". Einige hundert Prüfungen hätten in der Bauphase
stattgefunden, die Materialprüfanstalt Karlsruhe habe zusätzlich
kontrolliert. Derzeit warten in dem unterirdischen Zwischenlager, das 40
Millionen Euro kostete, 27 Castoren auf die Endlagerung. "Die Erregung
vor Ort hält sich in Grenzen", schildert der Neckarwestheimer
Bürgermeister Mario Dürr die Reaktionen der Bürger im Atomdorf. Denn:
"Wir leben seit über 30 Jahren mit dem Standort."
Das Heilbronner ECE hat das Baumanagement eingeschaltet.
Dem Grünen-Abgeordneten Franz Untersteller reichen die Auskünfte nicht.
Er fordert weitere Überprüfungen. Es handle sich "hier nicht um den Bau
einer Pommesbude". Vor allem müsse geklärt werden, ob minderwertiger
Baustoff bei anderen Atomanlagen zum Einsatz gekommen sei. Wolfram
Scheffbuch vom Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar sieht die
Sicherheit des Lagers in Frage gestellt: "Das schafft nicht Vertrauen."
Weniger Zweifel haben andere Bauherren. "Unsere Experten halten es für
völlig ausgeschlossen, dass beim Porsche-Museum minderwertiger Beton
verwendet wurde", erklärte ein Sprecher des Autokonzerns. Für die
Sprecherin von Mercedes-Benz steht ebenfalls fest, dass beim Bau des
Firmenmuseums "ausschließlich Beton bester Güte verwendet wurde".
"Haltlos"
Die Belastbarkeit der Vorwürfe ist bisher kaum zu testen. "Wir sind sehr
zuversichtlich, dass die haltlosen Behauptungen in Kürze völlig
ausgeräumt sein werden", sagt der Godel-Sprecher. Das mittelständische
Unternehmen mit 80 Mitarbeitern und zuletzt 35 Millionen Euro
Jahresumsatz schätzt seinen Marktanteil im Großraum Stuttgart auf 50
Prozent. Auf keinen Fall, betont der Sprecher, seien die Mischanlagen
manipuliert worden. Genau dies hatten ehemalige Mitarbeiter in
eidesstattlichen Versicherungen behauptet. Hochwertiger Zement sei von
außen durch billiges Steinmehl ersetzt worden.
Dem Bauleiter des Klosterhofs ist nichts über minderwertigen Beton
bekannt.
Heilbronns ECE-Centermanagerin Anne Klausmann verwies darauf, dass man
von derartigen Vorwürfen gegen die Betonfirma erst durch die Medien
erfahren habe. Das Baumanagement in Hamburg sei eingeschaltet. "Wir
prüfen den Sachverhalt." Nils Marcus, Bauleiter auf der Heilbronner
Klosterhof-Baustelle, ist nicht bekannt, dass minderwertiger Beton
verbaut worden sein soll. Er verweist auf besondere Prüfungen, die bei
derartigen Großbaustellen erfolgen. Da der Beton wasserundurchlässig und
frostbeständig sein müsse, würden nach jedem Arbeitsabschnitt Proben
genommen und an ein Labor geschickt. Marcus: "Der Beton unterliegt der
Eigen- und Fremdüberwachung."
"Schlicht und ergreifend lächerlich" nennt ein Mitarbeiter des Betonwerks
Godel im Gewerbegebiet Weinsberg/Ellhofen solche Vorwürfe. Der Mann
vermutet eine "Attacke der Konkurrenz". Die Staatsanwaltschaft habe ihn
vor einiger Zeit befragt. Ob er zum Beispiel Gewichte angehängt habe, um
weniger Beton abzufüllen.
Der Wirbel bremst die Anlage an diesem Freitag keineswegs. Im Zehn-
Minuten-Takt parken die Speziallastwagen unter den Silos. Sechs bis zehn
Kubikmeter Beton fassen sie, die 2007 eröffnete Mischanlage schafft bis
zu 100 Kubikmeter in der Stunde. Zu Einzelheiten des Verfahrens äußern
sich weder die Staatsanwaltschaft noch die Firma. Die Ermittler haben
bereits im November 2007 die Firma durchsucht und umfangreiche Unterlagen
sichergestellt.
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10.05.2008 00:00
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