Ludwigsburger Kreiszeitung, 06.06.08

> NECKARWESTHEIM
> Justiz schlampt in Betonaffäre

Die Schlamperei ist nun amtlich: Obwohl die Staatsanwaltschaft Stuttgart
schon monatelang in der Sache ermittelte, hat das baden-württembergische
Umweltministerium erst am 7. Mai durch eine Anfrage der Süddeutschen
Zeitung vom Verdacht erfahren, dass beim Bau des Atommüll-Zwischenlagers
am Kernkraftwerk Neckarwestheim minderwertiger Beton verwendet worden
sein könnte.

Dies geht aus der Antwort von Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) auf
eine Anfrage des Hemminger Landtagsabgeordneten und SPD-Kreisvorsitzenden
Wolfgang Stehmer hervor.
Demnach ermitteln die Staatsanwälte bereits seit dem 10. August 2007
gegen einen in Weilimdorf ansässigen Betonhersteller. Auslöser seien
Hinweise von Mitarbeitern von Konkurrenzunternehmen gewesen, wobei es
zunächst um den Verdacht auf Abrechnungsbetrug und erst dann auch um die
angebliche Herstellung und Verwertung minderwertigen Betons auf mehreren
Großbaustellen gegangen sei - darunter eben das Neckarwestheimer
Zwischenlager. Bevor das Umweltministerium durch die Journalistenanfrage
neun Monate nach Beginn der Ermittlungen von diesem Verdacht erfuhr,
seien in Neckarwestheim fünf weitere Castorbehälter mit abgebrannten
Brennstäben zwischengelagert worden.
Gönner stellt in ihrem Schreiben nochmals dar, dass Umwelt- und
Wirtschaftsministerium nach Bekanntwerden des Verdachts in ihrem Haus
unverzüglich reagiert hätten. Weder bei den sofort eingeleiteten
Überprüfungen noch bei den noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen der
Staatsanwälte hätten sich aber Anhaltspunkte dafür ergeben, dass in dem
Neckarwestheim Atommülllager tatsächlich minderwertiger Beton verbaut
worden sein könnte, heißt es in dem von Montag datierenden Brief.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte gestern, es gebe in dem
Verfahren keine neuen Erkenntnisse. Dass sich ihre Behörde nicht von sich
aus an die Atomaufsicht gewendet hatte, begründete sie mit dem in diesem
Fall gegebenen "Verdachtsgrad". Dies erweckt den Eindruck, dass die
Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft zwar für die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens, nicht aber für eine Alarmierung des Umweltressorts
ausreichend erschienen - obwohl die Abwendung von Gefahren bei der Justiz
grundsätzlich Vorrang vor der Strafverfolgung haben müsste. So hatte es
schon bei Bekanntwerden des Falls in Justizkreisen auch geheißen, der
zuständige Staatsanwalt habe schlicht übersehen, dass von den
Schrottbeton-Vorwürfen unter anderem ein Atommülllager betroffen war.
"Wenn der Staatsanwaltschaft Verdachtsmomente vorliegen, beim Bau einer
kerntechnischen Anlage sei geschlampt worden, muss sie die
Aufsichtsbehörde sofort einschalten", kommentiert Fragesteller Stehmer
den Vorgang. Dass die Atomaufsicht erst durch Presserecherchen von den
Vorwürfen erfahren habe, weise "auf erhebliche Verfahrensmängel im System
der Landesregierung hin." Nach Ansicht des SPD-Politikers hätte es "zur
selbstverständlichen Pflicht des Justizministeriums gehört, dafür zu
sorgen, dass eventuelle Gefahren durch unsichere Zwischenlager sofort der
atomrechtlichen Aufsichtsbehörde gemeldet werden" - auch wenn sich bei
weiteren Prüfungen herausstellen sollte, dass die Befürchtungen
gegenstandlos sind.
Ein Sprecher Gönners wollte das Verhalten der Staatsanwaltschaft gestern
nicht kommentieren.
Steffen Pross

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(s. auch Aktionsbündnis - PE vom 10.05.:
Kein weiterer Atommüll - abschalten!
http://neckarwestheim.antiatom.net/index.php?option=com_content&task=view&;
id=317&Itemid=27 ]



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