SWR, 21.01.10

> Heilbronn
> Atomkraftgegner protestieren gegen "Atom-Poker"

Atomkraftgegner und Umweltschützer haben auf dem Kiliansplatz gegen längere Laufzeiten für Kernkraftwerke demonstriert. Als Politiker und Strom-Manager verkleidete Mitglieder von B.U.N.D sowie Bürgerinitiativen aus Besigheim und Heilbronn spielten symbolisch Atom- Poker und verteilten Flugblätter. Hintergrund sind die für heute Abend angesetzten Gespräche mit Vertretern der großen Stromkonzerne im Berliner Kanzleramt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erklärte heute im Bundestag, sein Haus werde das angekündigte neue Energiekonzept bis zum Herbst vorlegen.

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stimme.de, 21.01.10 (video)

> Heilbronn
> Pokerpartie auf dem Atommüll-Fass

Heilbronn - Auf dem Heilbronner Kiliansplatz bot sich heute Mittag ein ungewöhnliches Bild: Stromkonzerne, Parteivertreter und die Kanzlerin pokerten auf einem Atommüll-Fass. Was es mit der Aktion auf sich hatte, erfahren Sie im STIMME.tv-Interview.

http://www.stimme.de/video/?bcpid=27193775001&bclid=45958965001&bctid=62672590001

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tagesschau.de, 21.01.10

> Wie steigt man aus dem Ausstieg wieder aus?

Heute hat es Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) im Bundestag noch einmal betont: Die Kernkraft sei als "Brückentechnologie" vorerst unverzichtbar. Deshalb will die Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. Am Abend wird es dazu auch ein Spitzengespräch zwischen Regierung und Atomindustrie im Kanzleramt geben. Doch die Handlungsmöglichkeiten der Regierung sind beschränkt.

Von Werner Eckert, SWR

Kernkraftwerk Biblis (Foto: AP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Das Kernkraftwerk Biblis - nach geltender Rechtslage müssten in diesem Jahr die Blöcke A und B stillgelegt werden. ]
Erst im Herbst will die Regierung entscheiden, wie es mit der Atomkraft weiter geht. Gibt es eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke? Wenn ja, wie lange und unter welchen Bedingungen? Bis zu dieser Entscheidung gilt das Gesetz zum Atomausstieg, das Rot-Grün 2002 beschlossen haben. Und nach dieser geltenden Rechtslage müssten noch in diesem Jahr drei Kraftwerke stillgelegt werden - das erste schon im Frühjahr: Neckarwestheim 1. Biblis A und B wären die nächsten.

Da wird uns schon noch was einfallen, sagt - sinngemäß - die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU). Ihre Parteivorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, war vor einigen Tagen weniger deutlich: Sie verstehe die Betreiber - wie EnBW - die Klarheit haben wollten, aber sie müsse an die Gesamtstrategie denken. Das kann man so verstehen: Ein bisschen Unklarheit verbessert die Verhandlungsposition der Regierung. Und ein bisschen Unklarheit verringert die Angriffsfläche für die Opposition bei der wichtigen Landtagswahl im Mai in Nordrhein-Westfalen.

Option eins: Meiler auf Sparflamme

So lange aber das Gesetz zum Atomausstieg gilt, legt es auch dieser Regierung Fesseln an: Sie kann nicht machen, was sie will. Es bleiben drei Möglichkeiten: Die einfachste ist, dass die Betreiber von Neckarwestheim und Biblis die Meiler weiter auf Sparflamme fahren oder auf Nachrüstung und Wartung setzen. Dann produzieren die AKWs keinen Strom und verbrauchen keine Reststrommenge. Aber dadurch verlieren EnBW und RWE viel Geld. Und für Neckarwestheim, das schon im Mai stillgelegt werden müsste, wäre das eine sehr lange Hängepartie.

Option zwei: Strommengenübertragung

Die zweite Option: Die Betreiber stellen ganz schnell noch mal einen Antrag auf Übertragung von Strommengen von einem neueren Kraftwerk auf die Oldies. Solche Anträge sind zwar bisher abgelehnt worden, was zum Teil höchstrichterlich bestätigt wurde. Aber da saß der jetzige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel noch auf dem Chefsessel im Bundesumweltministerium.

Ein neuer Antrag mit einer neuen Begründung könnte durchgehen, wenn sich Kanzleramt, Umwelt- und Wirtschaftsministerium einig sind. Allerdings ist das Übertragen von Strommengen von neuen auf alte Anlagen nach dem Ausstiegsgesetz ein Sonderfall. Ob das einfach so und ohne Sicherheitsbewertung möglich ist? Jedenfalls könnte das ein gerichtliches Nachspiel haben.

Option drei: Strommengen neu verteilen

Dritte Möglichkeit: Die Betreiber einigen sich untereinander. Etwa darauf, den Pannenmeiler Krümmel stillzulegen. Oder Brunsbüttel, das seit 2007 sowieso still liegt. Dann können nämlich die Energieunternehmen die Strommengen, die da frei werden, eigenständig übertragen - ohne Zustimmung der Politik. Dazu müssen sich aber die Nutznießer RWE und EnBW irgendeinen Ausgleich für Vattenfall einfallen lassen, den Betreiber von Krümmel und Brunsbüttel.

Alle anderen Lösungen, wie mal eben das Ausstiegsgesetz außer Kraft zu setzen, Eil- Verordnungen oder Anweisungen sind rechtlich zweifelhaft und würde die Position der Politik schwächen, wenn es um die wirklichen Verhandlungen um Laufzeitverlängerungen geht und um die Frage, wie die Gewinne der Unternehmen verteilt werden sollen.
Stand: 21.01.2010 14:20 Uhr




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Aktionsbuendnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim
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