Aktionsbündnis-Newsletter vom 07. Juni 2025Die neue Bundesregierung hat sich konstituiert und ist gestartet.
Uns interessiert natürlich, welche Vorstellungen jetzt zu den energiepolitischen Themen vorhanden sind und was konkret geplant wird. Hier die Fakten und unsere Meinung.
Themen in unserem Newsletter (hier als *.pdf-Version):
- Aktuelles zu Stromerzeugung
- Ziele der Energiepolitik von CDU/CSU und SPD- Energiewende: wie weiter?
- EU-Taxonomie aktuell: grünes Label für Atom und Gas
Aktuelles zu Stromerzeugung
Der Anteil der Erneuerbaren bei der Nettostromerzeugung liegt auch im Jahr 2025 bei über 60%. Dies erzeugen vor allem die 29.000 Windräder an Land und die 4,4 Millionen Photovoltaik-Anlagen. Dies geschieht in dezentraler Struktur bei der Erzeugung, dem Verteilen und dem Verbrauch, vorwiegend in Bürgerhand, von Genossenschaften, Solarvereinen, GBRs, Stadtwerken und der Industrie/dem Gewerbe. Den vier großen Energiekonzernen gehören nur knapp 6% dieser Anlagen. Sie intervenieren deshalb politisch zu ihren Gunsten und wollen diese dezentrale Energiewende blockieren. Sie haben mit ihren Unterfirmen noch die Übertragungsnetze und einen Großteil der bundesweiten Verteilnetze in der Hand. Sie investieren Milliarden in off-shore Windräder im Meer und wollen beim Wasserstoff eine neue zentrale Struktur in ihrem Besitz aufbauen.
Auch die Ampel-Regierung war ihnen hörig und hatte begonnen, den Photovoltaik-Zubau finanziell zu behindern. Denn dieser hat seit Jahren hohe Zubau-Raten. Beim Wind greifen noch immer die Ausbremsregeln in Form eines Ausschreibungszwangs und die fehlenden Flächen. Deshalb wurden und werden die jährlichen Ausbauziele nicht erreicht. Und nun?
Ziele der Energiepolitik von CDU/CSU und SPD
Jetzt haben die Energiekonzerne mit der bisherigen EON-Managerin Katherina Reiche eine Energie- und Wirtschaftsministerin, die ihre Interessen direkt vertreten und umsetzten kann.
Bereits die Ampel-Regierung hatte (mit Wirtschaftsminister Habeck) einen Kurs zu Gunsten der Fossilen eingeschlagen und vor allen Dingen die Förderung von Gas begonnen, konkret mit dem Thema Flüssiggas und bis zu 10 Verladestationen sowie mit dem Thema neue Gaskraftwerke als „Ersatzkraftwerke“. Dazu kommt die massive Förderung von Wasserstoff, der vorerst überwiegend mit Gas produziert werden soll. Vorgesehen war der Zubau von neuen Gaskraftwerken mit einer Leistung von 12,5 Gigawatt (GW).
Die erste Amtshandlung der neuen Ministerin Reiche war die Verkündung, dass jetzt neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von 20 GW für die Netzstabilität gebaut werden sollen. Dies wären je nach Größe dann 40 bis 100 neue Gaskraftwerke!
* Netzstabilität als Vorwand
Frau Reiche, Werner Götz als Chef von Transnet BW und andere führende Manager verteidigen die Pläne, da sie direkt neue Geschäftsfelder für die Energiekonzerne entstehen lassen und die erneuerbare Energiewende ausbremsen.
Dies machen sie/ geschieht mit Argumenten aus der energiepolitischen Mottenkiste:
- Wind weht nicht immer, Sonne scheint nicht immer
- Erneuerbare können nie eine sicher Stromerzeugung gewährleisten
- Erneuerbare sind schuld an den hohen Strompreisen
- die Erneuerbaren wurden zu rasch ausgebaut, deshalb gibt es Netzprobleme und Zusatzkosten
Wenn dies die neue Linie der Regierung ist und Energie- und Wirtschaftsministerin Reiche unwidersprochen behaupten kann:
„Dabei müsse geklärt werden, ob der Zubau in den vergangenen Jahren ideal sei oder haben wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien die Systemrisiken und Systemkosten vergessen“. Es brauche nun unter anderem eine „Neuausrichtung der Energiewende“, so Reiche. Klimaschutz sei in den vergangenen Jahren vielleicht überbetont worden. „Wir müssen anerkennen, dass der Strom allein aus erneuerbaren Quellen keine günstige Stromversorgung, schon gar nicht für energieintensive Unternehmen erreicht. Wir brauchen neue Gaskraftwerke.“ (Süddt. Zeitung 12.05.25)
- dann stehen wir vor einem Frontalangriff auf die klimapolitisch notwendige und rasche weitere Energiewende mit Erneuerbaren!
* Kohleausstieg und Stromersatz
Bis 2038 soll der Kohleausstieg vollzogen werden. Auch deshalb, so die Fossilen Verfechter*innen, benötigen wir dringend die neuen Gaskraftwerke. Diese wären ja auch umweltfreundlicher als Kohle. Und sie propagieren gleich mit, dass es CCS - „Carbon Capture and Storage“ – gibt, das heißt, CO2 abscheiden und Der Versuch, dieses unterirdisch zu lagern.
Diese Abscheidung gibt es bisher europaweit nur in kleinen Versuchsanlagen. Sie ist insgesamt ein Taschenspielertrick, denn es ist vollkommen unklar, ob diese unterirdische Lagerung wie theoretisch geplant überhaupt möglich ist. Das CO2 wird dann auch nicht ewig der Atmosphäre entzogen, sondern wird in diese wieder zurückkehren.
Und die These, dass Gas umweltfreundlicher wäre als Kohle wurde auch längst widerlegt. Denn bisher wurde das Thema Methan überhaupt nicht berücksichtigt. Dies tritt vorwiegend bei der Förderung und beim Transport von Gas aus und ist noch viel umweltschädlicher als das CO2 bei der Kohle-Verstromung.
* Thema Strompreis, Netzausbau und Erneuerbare
Wer ist Verursacher*in der hohen Strompreise? Na klar, die Einspeisevergütung der Erneuerbaren, die den Strompreis in astronomische Höhen treibt. Und wegen den Erneuerbaren brauchen wir die ganzen neuen milliardenteuren Stromtrassen! - So geht verstärkt die Märchenstunde der Verfechter*innen des fossilen Backslashs.
Strompreise: Diese „bilden sich frei am Markt“, so die Theorie. In der Praxis ist es „ein wenig anders“. Denn die fossilen Konzerne schließen mit ihren Kunden langfristige Verträge ab, die bisher auch nur mit längeren Fristen zu kündigen waren.
Sie sind aufgrund des Besitzes der Netze über ihre Unterfirmen auch in einer räumlichen und politischen „Platzhirschlage“ und können deshalb den Strompreis aus ihrer Sicht weitgehend unabhängig vom Börsenpreis bestimmen. Da in die Netzentgelte seit Beginn der Energiewende immer mehr Zusatzkosten gerechnet werden, liegen diese inzwischen bei einem Viertel der Strompreise. So werden beispielsweise die Anschlusskosten der Windparks im Meer auf alle Stromkunden umgelegt. Und die Konzerne schlagen interne Kosten dazu.
Dabei wird Photovoltaik nie in die Hochspannungsnetze eingespeist. Der Strom geht direkt in das Niederspannungsnetz, ist lokal erzeugt und wird lokal verbraucht. Nur große PV auf der Megawatt-Ebene gehen in die Mittelspannungsnetze.
Per Gesetz wurde jedoch geregelt, dass die Erneuerbaren an der Leipziger Strombörse in Form eines „Spotmarktes“ zu Tagespreisen verkauft werden müssen. Dort bestimmt also vorwiegend das Angebot den Preis. Die Crux dabei war und ist, dass, wenn dieser Preis niedrig ist, mit Steuermitteln der Unterschied zu den zugesagten Einspeisevergütungen ausgeglichen werden muss. Da die Erneuerbaren stark zugelegt haben und dann im Tagesablauf oft ein Stromüberschuss besteht, geht der Börsenpreis in Leipzig in die Knie und es muss verstärkt ausgeglichen werden, ein bewusster Schritt, um die Erneuerbaren zu diskreditieren!
Die Lösung wäre ganz einfach: die Erneuerbaren mit ihrem umweltfreundlichen regenerativen Strom erhalten über die Laufzeit der Anlagen eine kostendeckende Mindestvergütung beim Verkauf. Dies wären derzeit je nach Standort der Anlagen zwischen ca. 8 - 12 Cent und würde sofort den Strompreis und die Kosten senken!
Dies wird jedoch politisch seit langem bewusst verhindert, die Erneuerbaren wären ja dann real ein Kostensenker.
Liebe Atomkraftgegner*innen, liebe Energiewender*innen,
Energiewende: wie weiter?
Also, paradoxer geht es nimmer. Bereits die Ampel hatte das „Solarspitzengesetz“ auf den Weg gebracht. Es wurde jetzt im Februar vom Bundestag verabschiedet. Um was geht es darin?
Argumentiert wurde folgendermaßen: der Ausbau der Erneuerbaren in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass es an besonders sonnigen/windigen Tagen zu temporären Erzeugungsüberschüssen kommt. Dies belastet nicht nur die Netze, sondern führt immer häufiger zu negativen Stunden am Spotmarkt in Leipzig. (siehe oben)
Dies bedeutet, dass die Erneuerbaren sich zu gut entwickeln und offensichtlich jetzt mit allen Mitteln ausgebremst werden müssen. Mit diesem Gesetz wird ein Frontalangriff auf die dezentralste und sehr effektive Form der Energiewende, die Photovoltaik, vollzogen.
Es wurde beschlossen, dass es zukünftig für alle neuen Anlagen - bei negativen Strompreisen am Spotmarkt in Leipzig - keine Einspeisevergütung mehr gibt und somit die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt wird!
Was sind die wichtigsten Schritte bei der weiteren Energiewende
- Der Ausbau der Windkraft in Süddeutschland, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg. Beide sind als Flächenländer das Schlusslicht der Windkraft in Deutschland. Wir äußern uns heute nicht zur Kompetenz der Grün geführten Landesregierungen seit 2011 in Baden-Württemberg.
Statt Erneuerbare auszubauen, kündigt die ehemals EON-Managerin Reiche an, dass der Süden bei den Ausschreibungen für die geplanten 40 – 100 neuen Gaskraftwerke bevorzugt werden soll. Söder ist im 7. Himmel, Windkraft ade. - Energy Sharing – Bürger*innen teilen Energie
Bürger*innen sollen erneuerbaren Strom aus Wind und Sonne gemeinsam erzeugen, speichern, verteilen und verbrauchen können. In erneuerbaren Energie-Gemeinschaften schließen sich Bürger*innen zusammen, um in ihrer Region Anlagen gemeinschaftlich zu finanzieren und zu betreiben. Diese Organisationen sind für alle offen und unterliegen der demokratischen Kontrolle durch ihre Mitglieder*innen. Es soll allen Menschen ermöglicht werden, durch verringerte Stromkosten vom Ausbau der Erneuerbaren zu profitieren. - Eine 100%ige Versorgung mit Erneuerbaren ist bis spätestens 2035 möglich, bei Wind von derzeit 55 Gigawatt auf 270 GW, bei Photovoltaik von 54 GW auf 350 GW. Alle Bremsregelungen für den weiteren Zubau, die Erzeugung und Verteilung müssen beseitigt werden. In Verbindung mit Speichermöglichkeiten können die Erneuerbaren das Abschalten der Gas-, Öl- und Kohlekraftwerke ausgleichen und ersetzen.
Siehe Volker Quaschning und Solarförderverein Aachen.
EU-Taxonomie aktuell: grünes Label für Atom und Gas
Bereits seit 2023 gibt es die unsägliche neue EU-Taxonomie, mit der Gas und Atom ein grünes Label erhalten haben. Frankreich wollte dies unbedingt für Atom und Deutschland unbedingt für Gas.
Damit erhoffen sich europäische Regierungen Geld aus Fördertöpfen der EU und vor allen Dingen von den Finanzmärkten über Geldanleger. Denn in den Atomnationen haben alle Atomfirmen große finanzielle Probleme und einige EU-Länder haben angekündigt, neue AKWs mit diesen Geldern bauen zu wollen.
Die Ampel-Regierung hatte noch Bedenken, Atom europaweit zu fördern. Jetzt hat jedoch die neue CDU/CSU/SPD-Regierung angekündigt, dieser Förderung zuzustimmen. Ein weiterer Schritt in die falsche Richtung.
Allerdings gibt es schon lange einen großen Unterschied bei den angekündigten Absichten für neue Atomkraftwerke und der Realität. Seit Tschernobyl sind in Europa nur noch 8 neue AKWs ans Netz gegangen, abgeschaltet wurden deutlich mehr. Und bei allen Neubauten mit dem französischem EPR-Reaktor gab und gibt es technische und finanzielle Probleme siehe den AKW-Neubau in Flamanville in Frankreich und Hinkley Point in England.
Der Atomkonzern EdF ist mit über 40 Milliarden Euro verschuldet. Macron hatte zuerst angekündigt, bis 2035 sollen 6 neue AKWs gebaut werden, jetzt sollen es 14 sein. Die Zeitschiene und die Finanzierung sind vollkommen offen. Denn gebaut werden soll eine neue Generation EPR-Reaktoren und von denen gibt es noch nicht einmal einen Prototypen.
Die Ankündigungen auf Neubauten von Ländern wie Polen, Niederlande, Tschechien, Slowakei und Ungarn sind unter den selben Aspekten zu betrachten. Bei diesen Ländern spielt wie bei Frankreich und England auch das Interesse am atomaren militärischen Aspekt, wie zum Beispiel an der Bombe, an Atom-Ubooten usw. eine Rolle. Dies wird jedoch öffentlich geleugnet.
Deshalb liebe Atomkraftgegner*innen, liebe Energiewender*innen,
lassen wir uns von den derzeitigen turbulenten politischen Zeiten nicht einschüchtern.
Bevor in Europa real neue Atomkraftwerke gebaut werden, müssen wir vorher die Baustellen der neuen Gaskraftwerke in Deutschland blockieren und die Energiewende pushen!