-Neue Universal #69, Juni 2007 Trier -  http://www.nuweb.de/

Urantransporte auf lokalen Schienen


Trier liegt auf einer Transitstrecke für strahlende Fracht.

(foto:
Urantransporte passieren auch den Trierer Hauptbahnhof)

Alle zwei Wochen passieren  Züge mit radioaktiver Fracht das Stadtgebiet. Geladen haben sie Uranhexafluorid für die Anreicherungsanlage im westfälischen Gronau.  Im Rathaus weiß man  von den Transporten. Man wird aber nicht informiert, wann und wie oft diese durch die Stadt rollen. Atomkraftgegner wollen die Bevölkerung aufrütteln.
 
„Zuerst dachte ich, Greenpeace würde eine Demo bei uns machen. Aber die Strahlenschutzanzüge waren echt“, erzählt Winfried Herres. Er steht auf dem Güterbahnhof in Trier- Ehrang und zeigt auf ein Nebengleis. Von dort wandert sein Finger zu einem Firmengelände neben den Bahnanlagen. Altmetallpyramiden lugen über den Zaun. „ Da drüben stand der Zug, und da haben sie Alarm gegeben.“ Herres ist Eisenbahner und will seinen richtigen Namen für sich behalten. Am 28. Juni 2006 löste an dieser Stelle ein Zug mit Uranhexafluorid aus Frankreich einen Strahlenalarm aus. Das Messgerät eines benachbarten Schrottbetriebes hatte die Strahlung registriert und einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei bewirkt. „ Erkenntnisse über Gefahren für die Bevölkerung lagen uns zu keinem Zeitpunkt vor. Der kritische Grenzwert wurde nicht überschritten.“, erklärt Hans - Joachim Lanfer vom Presseamt der Stadt Trier.

 Auch Trier betroffen


Julia Bäuerlein zuckt mit den Schultern . „ Urantransporte sind nötig für den Betrieb von Atomkraftkraftwerken. Das sie auch Trier betreffen, ist seit diesem Tag aktenkundig.“, meint die Sprecherin der Trierer Anti- Atomgruppe „Stop Bure“. Zur Zeit fänden diese nach ihren Erkenntnissen alle zwei Wochen statt. „ Als Anwohner der Bahngleise wäre ich schon beunruhigt“, Julia Bäuerlein reicht eine Karte Mitteleuropas über den Tisch, auf der sie eine Stecke vom südfranzösischen Pierrelatte ins westfälische Gronau eingezeichnet hat. Die Firma Urenco , an der auch RWE und E-ON  beteiligt sind, betreibt dort ein Urananreicherungswerk. Trier ist die erste Station nach der deutschen Grenze. Die Karte wurde erstellt in einer gemeinsamen Aktion deutscher und französischer Atomkraftgegner. „ Informationen über den Zug, wie viele Wagons, Geschwindigkeit etc., wurden von Beobachtern am Gleis immer an den Ort mit der nächsten Anti- Atominititative weitergegeben“, berichtet Lydia Tomaschowski von Greenpeace Trier.

Uran ist kein Spielzeug

Die DB- Tochterfirma Nuclear Cargo Service ( NCS) , die solche Transporte durchführt, war zu keinem Statement gegenüber der (nu) bereit. Gleiches gilt für die Betreiberfirma Urenco. Auf seiner Website wiegelt das Unternehmen aber hinsichtlich der Gefahren von Uranhexafluorid- Transporten ab. „ Nicht explosiv, nicht brennbar und nur schwach radioaktiv“ sei der Stoff. Eine Gefahr für Menschen bei Aufnahme über die Nahrungskette oder Atmungsorgane wird aber eingeräumt. „ Die Gefahr ist mit derjenigen von Cadmium oder Blei vergleichbar“, heißt es. Bei den Grünen in Trier ist man anderer Meinung : „ Wir wollen niemanden verunsichern, aber Uran ist kein Spielzeug, und solche Transporte nicht ungefährlich. Wenn Uranhexafluorid aus den Tanks entweicht, reagiert es mit der Luftfeuchtigkeit und wird zu Flusssäure. Diese ist aggressiver als Schwefel- oder Salzsäure und schon in geringen Mengen tödlich.“ Lydia Tomaschowski von Greenpeace geht noch weiter : „ Im Umkreis von hundert Metern um eine solche Unfallstelle wäre die Hälfte aller Menschen sofort tot.“

Information erfolgt nicht

Oberbürgermeister Klaus Jensen mag solche Szenarien nicht entwerfen, gleichwohl schreibt er in der Antwort auf eine Anfrage der Gruppen „Stop Bure „, Maus e.V.“ und Greenpeace , die der (nu) vorliegt : „ Eine Information der Stadt durch Betreiber, Transporteur oder Strahlenschutzbehörde über Transporttermine und deren Verweildauer in der Stadt erfolgt nicht. Auch Rettungsdienste und Feuerwehr werden nicht informiert“. Jensen ist jedoch davon überzeugt, das die Feuerwehr hinsichtlich ihrer Ausrüstung und Ausbildung in der Lage ist, auch mit einer solchen Gefahrenlage fertig zu werden. Er betont, das die Möglichkeiten der Stadt Trier, Einfluss zu nehmen, arg begrenzt sind. Trotzdem will er einen „Meinungsbildungsprozess“ einleiten, und ist selbst „ an der Thematik interessiert“.

(foto: - Vorsicht radioaktiv!)

Das Eisenbahnbundesamt (EBA) ist weder Betreiber noch Transporteur , aber für die Genehmigung der Transporte zuständig , bestätigt Pressesprecherin Bettina Baader gegenüber der (nu). Über Gefahrguttransporte wie die Reise des Urans auf der Schiene muss das (EBA) informiert werden. Dort genehmigt man sie auch eingehender Prüfung und „nach pflichtgemäßem Ermessen“.

Volles Vertrauen

Bernhard Kaster ( CDU) Bundestagsabgeordneter aus Trier, ist damit einverstanden : „ Es beruhigt mich, dieses Gefahrgut auf der der Bahn zu wissen. LKW´s wären viel unsicherer.“ Kaster sieht viele „auch mißbräuchlich aus dem Kontext gerissene Informationen“, und wenige Menschen, die das „komplette Bild“ kennen, am Werk. Er rät, sich nicht unnötig verunsichern zu lassen, und hat volles Vertrauen in die Arbeit der zuständigen Behörden.

Winfried Herres, der Eisenbahner, winkt ab : „ Da ist ein hochgefährlicher Stoff über weite Strecken und top secret unterwegs und nicht mal die Stadt weiss Bescheid, wann. Und mehr als ein Lokführer ist da von uns meist nicht drauf. Wir fahren das Zeug ja nur. Der kann auch nichts machen, wenn mal etwas wirklich schief gehen sollte. Und wenn etwas durchsickert, heißt es, die Bevölkerung soll doch einfach Vertrauen haben, und ansonsten am besten das Maul halten. Genauso schürt man Verunsicherung. Wenn alles in bester Ordnung ist, können sie doch die Karten auf den Tisch legen.

Andreas Armann  //  Neue Universal #69, Juni 2007 // Fotos: antiatom-aktuell

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weitere Infos zum Widerstand gegen Urantransporte: www.urantransport.de