ka-news, 19.09.09

> Verglasungsanlage wird in Betrieb genommen

Karlsruhe (ps/jw) - Am Mittwoch, 16. September, hat nach langer Vorbereitungsphase der
Ofen der Verglasungseinrichtung Karlsruhe (VEK) mit der Einspeisung der hochradioaktiven
Abfalllösung (HAWC) begonnen. Vorangegangen war ein erster "nuklearer Probebetrieb", bei
dem keine Störungen auftraten, wie das WAK in einer Pressemitteilung bekannt gab.

Dazu wurden 50 Liter Abfalllösung mit zirka 1.800 Litern nicht radioaktivem Simulat gemischt
und in den Schmelzofen eingespeist. Insgesamt wurden drei Kokillen mit dieser verdünnten
radioaktiven Glasschmelze befüllt. Da auch sichergestellt sei, wohin diese Glaskokillen
transportiert und zwischengelagert werden, konnte der Verglasungsbetrieb in der VEK
genehmigt werden.

Bis Ende 2010 sollen insgesamt 130 Kokillen mit je 400 Kilogramm Abfallglas erzeugt
werden. Dabei wird die Verglasungsanlage im voll kontinuierlichen Betrieb gefahren, so das
WAK.

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Badische Zeitung, 02.09.09
http://www.badische-zeitung.de/karlsruher-atomsuppe-wird-beseitigt--
19047323.html#swrvideo-1

> Strahlendes Erbe
> Karlsruher Atomsuppe wird beseitigt

Hinter Stacheldraht liegt Deutschlands gefährlichstes Provisorium der Atomwirtschaft: die
frühere Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. Das gescheiterte Atom-Abenteuer soll jetzt
mit einer neuen Verglasungstechnik beendet werden.

Der Gebäudekomplex der stillgelegten Wiederaufbereitungsanlage zur Verglasung
hochradioaktiver Fluessigkeiten. | Foto: ddp

KARLSRUHE. Bis in die 90er Jahre war die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK)
eine Versuchsanlage zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente. Als
Hinterlassenschaft blieben 60 000 Liter hochgiftige Salpetersäure. Die Atomsuppe enthält
heute über 500 Kilogramm Uran und mehr als 16 Kilogramm Plutonium. In alten verstaubten
Akten lässt sich nachlesen, was die Betreiber in frühen Jahren selbst von ihrer Anlage
hielten: Nach einer vertraulichen Besprechung mit der Karlsruher Gesellschaft zur
Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen hielt das Protokoll am 25. Juli 1969 fest, dass die
Lagerung der Atomsuppe in Tanks "nur als Notlösung" zu sehen war.

SWR-Video: Strahlende Atomsuppe wird verglast
Badische Zeitung
Ein Video des SWR
Strahlende Atomsuppe wird verglast

60.000 Liter hochradioaktive Plutonium-Brühe aus der ehemaligen
Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe werden nach jahrelangem Streit seit diesem Mittwoch
verglast. Nur so kann die "Atomsuppe" ins Zwischenlager Greifswald transportiert werden.

Besagte Notlösung am Rande von Ballungszentren wie Karlsruhe und dem nahen Rhein-
Neckar-Dreieck wird seit mittlerweile fast auf den Tag genau 40 Jahren praktiziert. Sie
musste mangels Alternativen so lange funktionieren. Heute wissen die Beteiligten - und sie
müssen das auch öffentlich einräumen -, dass eine Lagerung dieser hochgiftigen
Atomsuppe wie über Jahrzehnte geschehen "nicht mehr genehmigungsfähig" wäre. Diese
plutoniumhaltige Salpetersäure gehört mit Abstand zu den gefährlichsten
Hinterlassenschaften der Karlsruher Atomforscher.

Der nicht ganz so brandgefährliche Atommüll aus Karlsruher Forschungszeiten liegt dagegen
längst tief unter der Erde - im niedersächsischen Salzbergwerk Asse. Viel glücklicher und
viel ehrlicher hatten die Karlsruher dabei auch nicht agiert. Die Hälfte der dort eingelagerten
120 000 Fässer stammt aus Karlsruhe. Einer kritischen Öffentlichkeit war Asse in den 60er
Jahren als "Versuchslager" verkauft worden. Das damalige Kernforschungszentrum
Karlsruhe, dessen Lager aus allen Nähten platzten und die dringend neue und vor allem
billige Lagerkapazitäten brauchten, wusste - so geht aus vertraulichen Alt-Akten hervor -
dass es sich in Wahrheit um ein "Endlager" handeln würde.

Aus neun Kilogramm Plutonium werden 28

Heute ist dieses Atomlager im Salzbergwerk einer der gefährlichsten Orte der Republik. Der
Salzstock droht zu kollabieren und Hunderttausende von Tonnen radioaktiven Materials zu
begraben - Material, von dem nicht einmal die früheren Betreiber aus Karlsruhe exakt
wissen, worum es sich handelt. Das Münchner Helmholtz-Zentrum als Betreiber der Asse
und Nachfolger des früheren Kernforschungszentrums Karlsruhe sprach von insgesamt neun
Kilogramm Plutonium. In alten Inventarlisten tauchten dagegen knapp 28 Kilogramm auf.
Doch das Helmholtz-Zentrum, das dem Bundesforschungsministerium von Anette Schavan
untersteht, hatte die Zahlen heruntergerechnet und "nachdeklariert". Daran fand die
Ministerin nichts auszusetzen. Dieses Märchen hielt bis vor kurzem. Inzwischen ist bekannt,
dass nach Erkenntnissen einer Helmholtz-Arbeitsgruppe tatsächlich nicht neun, sondern
tatsächlich jene knapp 28 Kilogramm Plutonium in dem einsturzgefährdeten Salzstock
lagern. Schavans "erstklassig kompetente" Helmholtz-Experten sprachen von einem
Übertragungsfehler.

Noch ist offen, wie sich die katastrophale Situation im Salzstock je wird lösen lassen. Die
Karlsruher und andere Fässer können nicht wieder herausgeholt werden, ohne Leib und
Leben der dortigen Arbeiter zu riskieren. Womöglich muss der Berg verfüllt werden, um den
Kollaps zu verhindern. Die Uhr tickt. Gutachter räumen ein Zeitfenster bis 2014 ein.

Zumindest in Karlsruhe soll die Atomsuppe jetzt endlagergerecht verglast werden. Zwar gibt
es immer noch kein Endlager, aber wenigstens der Verglasungsprozess soll reibungslos
laufen. Mit einem im Forschungszentrum entwickelten Schmelzofen, den die Karlsruher
gemeinsam mit einem deutschen Industriekonsortium liebend gern für teures Geld auch
nach China verkaufen würden. Das versuchen sie seit 2000. Noch haben sie keinen
Zuschlag erhalten. Die Karlsruher Verglasungsanlage dagegen darf jetzt ihren Betrieb
aufnehmen. Die Atomsuppe wird über einen Transferkanal in das neu errichtete und gegen
Flugzeugabstürze gesicherte Verglasungsgebäude gepumpt. Dass dieser Transferkanal
selbst jedoch nicht gegen Flugzeugabstürze ausgelegt ist, stört die Genehmigungsbehörden
nicht.

"Verglasung"
Die Verglasung der Karlsruher Atomsuppe sollte schon 2005 beginnen, hat sich aber immer
wieder verzögert. In der Anlage werden 60 000 Liter hochradioaktive Salpetersäure aus dem
Anfang der 90er Jahre eingestellten Wiederaufarbeitungsprogramm über einen Schmelzofen
in Glaskokillen abgefüllt und in Castor-Behältern zur Zwischenlagerung nach Greifswald
transportiert. Die Verglasung soll zwei Jahre dauern.


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